Feiert 2015 sein 40jähriges Jubiläum: Das Comic-Jugendmagazin "YPS" / Cover: (c) Gruner + Jahr
Eine Wiederkehr der (mindestens) dritten Art schaffte dieses
Magazin, das die meisten aus genau ihrer eigenen Jugendzeit kennen, welchen Jahrgangs auch immer – jedenfalls dann, wenn maximal eine „5“ die erste Ziffer des eigenen Lebensalters ist J.
Ein Hoch also auf eine Zeitschrift voller Comics, die mehr oder weniger nun zu den ÜVIs gehört, den Über-40-Jährigen … 2012 widmete sogar der FOCUS dieser Wiederkehr einen Artikel – und titelte: „Das „Yps“-Heft kehrt zurück. Jetzt für Kinder zwischen 30 und 45“, yeah!
Es war genau 1975, als das Blatt vor 40 Jahren erstmals im Gruner + Jahr Verlag
erschien - und bundesdeutsche Comic-Geschichte schrieb.
Denn genau jene Zielgruppe sollte (wieder) erreicht werden, die bereits im Kinderalter Yps-Fan war – und nun halt ein paar Tage älter ist. Entsprechend bietet das Heft seither eine Menge Reminiszenz,
Nostalgie und Memorabilia, etwa und gerade im Comic-Teil: Die (zum Zeitpunkt meines Schreibens) aktuelle Ausgabe 1268 bietet (neben der „elektrischen Windmaschine zum Selbstbauen – 13 Teile! Im einzigartigen Yps-Design!“) „Neue Comics“ (Kobolde auf Sylt mit Yps & Co. oder Object art, Pit & Herkules und Percy Pickwick), teils mit den Hinweisen auf die käuflich erwerbbaren Alben = als Appetizer der Verlagsgruppe, dazu Reminiszenzen auch hier, siehe Jan
Tenner (wenn auch erstmals als Comic) und Yinni und Yan (aus Yps 113), Hubertus & Muzo (aus Yps 323).
Und dass die Leser erwachsen sind, wird weniger durch den Sicherheits-Hinweis auf dem Titel klar („Achtung! Gimmick nur geeignet für Personen ab 8 Jahren“), sondern vielmehr durch die Anzeigen im Heft: S. 5 LTB Collectors Edition (das kaufen kaum Youngsters – für immerhin € 34,95!), S. 7 connect Gratis-Ausgabe (digital), S. 13 die Bild-Gruppe (Sport/Auto/Computer), S. 45 Return Magazin
(„Technik von früher noch heute“), auch auf der U3 die Abo-Anzeige „Du warst ein Yps-Kind!“. Während die LTB-Anzeige auf der U2 wohl eher für die Kids der heutigen Yps-Leser gedacht ist J
… Redaktionelle Beiträge (im vorderen Teil, bis S. 55) wie „Rost frei!“ mit vollen vier Seiten rund ums Grillen usw. bis hin zu „Oben ohne“ über Cabrios mit Männer-orientiertem Wording machen klar, dass die Yps-Generation von heute eine andere als die von früher ist, älter nämlich – und damit doch wieder: die selbe! Oder wie der „kressblitz“ am 25.04.2012 schrieb: „Egmont Ehapa bringt " Yps" zurück - diesmal als Lifestylemagazin. Am 11. Oktober kommt "Yps" zurück, doch der neue YPS-Verlag, der Egmont Ehapa Verlag, macht aus dem einstigen Kinderheft mit beigepackten Gimmicks ein Lifestylemagazin für die Leser von einst: die heute 30- bis 45-Jährigen. Christian Kallenberg, von 2005 bis 2010 Chefredakteur des Männermagazins "FHM", nimmt sich dem Projekt an. Er will versuchen, "den Geist von 'Yps', dieses positive Alles-mal-auszuprobieren, in das neue 'Yps' zu übertragen"...“ So die Presse-Info …
Dass dieses Konzept „Lesen & Spielen“ von Beginn an
gekupfert war, dazu gibt es mehr im Wikipedia-Artikel, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Yps.
Dieses einzige Zitat daraus gönne ich mir & euch: „Das
Konzept von Yps basierte auf dem französischen Heft Pif Gadget, das
ursprünglich unter dem Namen Vaillant, le jeune patriote (Vaillant, der junge Patriot) eine Jugendzeitschrift der kommunistischen Partei Frankreichs gewesen war, die zuerst während des Zweiten Weltkriegs im Untergrund erschien. In den 1960er Jahren wurde die Zeitschrift wesentlich weniger politisch, blieb jedoch locker an die kommunistische Partei angebunden; der Name wurde geändert zu
Vaillant, le journal le plus captivant (Vaillant, die spannendste Zeitschrift).
Die spätere Titelfigur Pif le chien (Pif der Hund), die 1948 für kurze
Schwarz-Weiß-Strips in der kommunistischen Tageszeitung L'Humanité erfunden worden war, erschien darin erstmals 1952 und wurde 1965 zur Hauptfigur. Ab 1967 erschien sie unter dem Titel Vaillant, le journal de Pif. Ab 1969 wurde das Gadget (Gimmick) dazugenommen und die Zeitschrift als Pif Gadget neu gestartet.
Sie war daraufhin für einige Jahre außerordentlich erfolgreich und stellt bis heute im Comicbereich unübertroffene Rekorde von mehr als einer Million verkaufter Hefte einer einzigen Ausgabe auf, was einige internationale Nachahmer- und Lizenzausgaben hervorbrachte, darunter auch das deutsche Yps.
Aus Pif Gadget wurden für Yps zahlreiche Gimmicks (z. B. die Urzeitkrebse) und Comics (z. B. Pif und Herkules) übernommen, jedoch von Anfang an durch eigene Comics deutscher Zeichner ergänzt. Im Gegensatz zu Pif Gadget war Yps stets eine unpolitische Zeitschrift.“ Dort gibt es zudem eine Übersicht besonderer Gimmicks und viele Literatur-Hinweise. Ergänzend sei erwähnt, dass sogar eine Bachelor- sowie Master-Arbeit zum Konzept erschienen ist: „YPS: Die
verpasste Chance: Konzeption für den Relaunch einer Kultmarke „ von Nicolas von Lettow-Vorbeck (2010, 2013 gratis online gestellt, allerdings offenbar nicht mehr findbar …). 1977-1982 gab es übrigens mit Jippo lehti in Finnland ein ähnliches Konzept – heutzutage zudem „Yps – die Sendung“ auf RTL Nitro …
Der Hang zum Kreativen könnte heutzutage ein zusätzliches
Revival auch bei denen erfahren, die bis dato zögern, sich Yps wieder
zuzuwenden – oder gar erstmalig Fan zu werden: U.a. der Frech-Verlag ist ein aktuelles Beispiel dafür, wieviel Handarbeitiges (wieder) betrieben wird – primär Frauen-bezogen. Männer-seitig dagegen gibt es den Trend der „Makers“, der aus den USA zu uns rüber geschwappt ist, mit eigenen Konferenzen mit Tausenden von Teilnehmenden – und einer eigenen Magazin („Maker“ bei Heise, dem c´t-Verlag), das allerdings ohne Gadgets auskommt. Noch?!
Wie wirkmächtig das Konzept nachhaltig ist, zeigt sich
anhand der Gadget-Flut, die Leser inzwischen anspringt: Benjamin Blümchen kommt in der Jubel-Ausgabe (25 Jahre: 6/2015, Besprechung von mir hier auch auf comicoskop.de – meine Tochter - mit heute fast 26 nur knapp älter als das Magazin - freute diese Reminiszenz auch!) mit einer Gitarre daher, Prinzessin Emmy regelmäßig, z.B. mit einem ähnlich voluminösen Schatz-Tresor – oder die limitierte Edition von Micky Maus (MM 22 vom 22.05.2015) mit Fingerlichtern und
StarWars Sammelbildern: Da sind wir altersmäßig wieder bei den aktuellen Yps-Lesern, nämlich in deren Jugendzeit ... All dies dient der Haptik gleich mehrfach: Einmal natürlich bei LeserIn (NutzerIn!) – und vorher schon beim weiteren Raum-Greifen als dies durch ein „normales“ Standard-Magazin der Fall ist – beim Comic in aller Regel eher mager, in Format (Höhe x Breite, maximal knapp DinA4) und vor allem Dicke (vielleicht 48 Seiten). Darüber hinaus arbeiten primär Special-Interest-Magazine jeglicher Couleur (= Zielgruppe) mit
Zugaben, meist aufgeklebten Broschüren auf dem Titel oder auch innen, siehe die Sprachmagazine aus dem Spotlight-Verlag: Diese schmucken Kompakt-Reiseführer, Mini-Wörterbücher und sonstige Ratgeber (etwa in Sachen „Beauty“) überleben die jeweilige aktuelle Ausgabe um Längen!
Apropos Konzept, auch dies: Heranführen an technisch-naturwissenschaftliche Themen, das kennen wir von P.M. Magazin,
das nun auch schon 37 Jahre „auf dem Buckel“ hat, also seinen Start wenige Jahre nach Yps erleben durfte. Immerhin im selben Verlag erschienen (Gruner + Jahr), blieb P.M. dort beständig, während Yps bei Ehapa landete, im Grunde nur konsequent. Ein weiterer Aspekt ist das Lernen durch eigene Aktivitäten, das vonseiten der Weiterbildner stark betont wird, siehe unter anderen Infos, Artikel und Events bei GABAL e.V. (www.gabal.de ).
Fazit: Alles in allem also bietet YPS all dies: Ein tragfähiges Konzept, das absolut wirkmächtig wie zukunftsorientiert ist. Ad multos annos! Und natürlich mit viel Digitalem, siehe die Fan-Site...
HPR
(c) Manfred Schmidt / Lappan Verlag
Die Stadtgalerie Bamberg Villa Dessauer teilt mit:
“Gezeigt werden Zeichnungen aus dem 60-jährigen Schaffen des Zeichners, Autors und Filmemachers Manfred Schmidt."
So schuf Manfred Schmidt - wie es seitens des Bamberger Museums weiter heißt - "mit dem stets Pfeife rauchenden Meisterdetektiv Nick Knatterton in den 1950er Jahren eine Ikone des deutschen Comics."
Mit den doppelbödigen und gesellschaftssatirischen Abenteuern des Meisterdetektivs in der Illustrierten Quick geriet Manfred Schmidt damit ein Wegbereiter des Comics in der jungen Bundesrepublik.
Neben den turbulent- parodistischen Comic-Episoden wird der bis heute anhaltende »Kultfaktor« Nick Knattertons auch anhand einiger – heute zum Teil kurios wirkender – Vermarktungsartikel greifbar, etwa Laubsägevorlagen, eine Karnevalsmaske, ein Apfelsinenetikett und die im Jahr 1955 wegen vermeintlich sittenwidriger Motive umstrittenen Fahrscheine der städtischen Verkehrsbetriebe München. In Erinnerung blieb vielen Fernsehzuschauern auch die oft wiederholte Nick-Knatterton-Zeichentrickserie aus den späten 1970er Jahren, von der nicht nur einige Folgen in der Ausstellung gezeigt werden, sondern zu der auch Animationsphasen-Zeichnungen (sog. Cels) aus Manfred Schmidts Studio präsentiert werden.
Und nicht nur ausgewählte Beispiele für Schmidts beliebte Such- und Wimmelbilder aus
den 1940er bis 1970er Jahren und für seine gezeichneten Reisereportagen aus Deutschland, Europa und Nordafrika für die Zeitschrift Quick sind vertreten. Es wird auch ein Blick auf Manfred
Schmidts künstlerische Anfänge geworfen: von seinen ersten humoristischen Blättern, die er als Jugendlicher in der Bremer Tagespresse veröffentlichte, bis zu seinen Arbeiten aus den 1930er Jahren
für die Zeitungen des Berliner Ullstein-Verlages. Darunter sind auch seine erste serielle Witzfigur namens Federmann sowie frühe Comics und ironische Reisereportagen.”
(c) Museum Bamberg / Wilhelm Busch-Museum Hannover
„Das Mosaik darf sich ohne Zweifel rühmen, die langlebigste deutsche Comic-Zeitschrift zu sein. Seit Dezember 1955 gibt es sie, und seit 1957 ist bis zum heutigen Tage kein Monat vergangen, in dem nicht eine neue Ausgabe erschienen wäre. Dabei kann man die
Geschichte dieses Comics in zwei große Etappen einteilen.
Während das Heft selbst stets seinen Namen behielt, spielten von 1955 bis 1975 die Digedags (Dig, Dag und Digedag) die Hauptrolle (223 Ausgaben plus 6 Nachdrucke), seit 1976 stehen die Abrafaxe (Abrax, Brabax und Califax) im Mittelpunkt der monatlichen Geschichten, die im Februar 2005 ihre 350. Ausgabe feierten. Im Gegensatz zu allen anderen DDR-Kinderzeitschriften (mit Ausnahme von BUMMI) überlebte das Mosaik auch die stürmischen Zeiten der Währungsumstellung 1990/91, und erscheint heute im Verlag Steinchen für Steinchen.
Feiern 2015 ihr 60jähriges Bestehen: Die ungemein populäre DDR-Comicserie "Digedags" von Hannes Hegen
(c) Junge Welt / Tessloff Verlag
Insbesondere die frühen Hefte der "alten Serie" mit den von (Jo)Hannes Hegen(barth) erdachten Digedags waren bis nach der Wende nur für horrende Preise auf dem Sammlermarkt zu bekommen.
Der Buchverlag "Junge Welt", nicht zu verwechseln mit dem damaligen staatlichen Herausgeber, hat inzwischen unter Mitwirkung des Autors die gesamte Serie wieder neu aufgelegt, teilweise in mehreren verschiedenen Formaten. Die Abrafaxe haben sich ebenfalls
weit über die monatlichen Seiten der "neuen Serie" hinaus in mehrere
Comicbände, in Zeitschriften, Hörspiel-Kassetten und eine weitere, ihren Namen tragende Comicserie entwickelt.
Dem neuen Herausgeber ist es sogar gelungen, eins der besten westdeutschen Comicmagazine wiederzubeleben: ZACK.“
So jubiliert die Website „DDR-Comics“ von Guido Weißhahn in Dresden, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Mosaik_%28Zeitschrift%29.
Zwar war das Heft schon frühzeitig auf dem DDR-Markt, doch gab es 1955 bereits andere Zeitschriften: Atze zeitgleich, Frösi seit 1953, die „ABC-Zeitung“ gar seit 1946, mit Einzel-Comics und Serien. 1965 folgte dann die „Trommel“. Das oben auch erwähnte „Bummi“ übrigens gab es seit 1957, auch mit diversen Comics, heute bei Pabel Moewig monatlich erscheinend, nach wie vor mit Zeichnern der früheren DDR.
Doch bleiben wir beim „Jubilar“: „60 Jahre – und ein bisschen heiser“ könnte es durchaus treffen.
Die Erstausgabe des DDR-Comic-Magazins "Mosaik" vom Dezember 1955
(c) Mosaik Verlag Steinchen für Steinchen
Die beiden Zeitalter mit und nach Hannes Hegen sind das Eine – zu seinem Ableben hat das Comicoskop ein erstes Betrachten zu DDR-Comics beigesteuert, siehe link. Dort bereits hatte ich konstatieren
können: „Der Themenkreis „Mosaik“ hat sogar an diversen Unis Interesse gefunden, mit also deutlich breiterer Rezeption, als sich auf den ersten Blick erwarten ließe, siehe das mancherorts übliche kritische Betrachten von Comics mit hoch gezogenen Augenbrauen und krauser Stirn. Via z.B. GRIN-Verlag (www.grin.com) sind mindestens drei Seminar-Arbeiten rund um MOSAIK zu finden: „Die gestalterische Entwicklung des Comic-Magazins "MOSAIK“ von Julia
Steinborn, „Der bildende und erzieherische Charakter der Mosaik-Comics am Beispiel der Weltraum-Serie 1958-62“ von Anne Kuhnert sowie „Neo Rauch und Comic als bildgebendes Element. Daniel Clowes und Hannes Hegens „Mosaik““ von Christiane Bernhardt.“
Doch geht es um mehr: Wenig Zeit war vergangen, seit dem 17. Juni 1953 – und wahrscheinlich gehörte es mit zur Strategie der Macher im „Arbeiter- und Bauern-Staat“, ein wenig westliche Kultur zuzulassen. Um auch auf diese Weise die Gemüter zu beruhigen?!
Bedauerlich: Zu DDR-Zeiten hatte ich zwar Kontakt zu einem
Cousin, dessen Familie in Mittweida lebte, von einer (älteren) Schwester meines Vaters stammend. Doch ging in unserer Korrespondenz nur um dieses Eine: Briefmarken. Er wollte die neuen Sondermarken BRD, damals noch etwas Besonderes. Ich wollte komplette Sätze, Sperrwerte inklusive – inzwischen auch nix Besonderes mehr. Comics interessierten ihn wohl nicht – mich zwar schon, doch irgendwie versäumte ich, DDR-Comics wahrzunehmen – schade.
Wie auch immer, statt vertanen Chancen hinterher zu trauern, nach vorne geschaut – mit einigen relevanten URLs, die weiter führende Infos enthalten, zur Eigen-Recherche:
http://www.ddr-comics.de/mosaik.htm
http://www.comicguide.de/php/detail.php?id=2799&file=r&display=short
http://www.verkehrsmuseum-dresden.de/de/20140820104639.html
(Ausstellung lief bis 8. März: Dig, Dag, Digedag. DDR-Comic "Mosaik")
http://www.lvz-online.de/kultur/news/6605-euro-fuer-ddr-comic-heft-/r-news-a-137943.html
(22.05.2012: Rekord-Preis bei Internet-Auktion)
http://www.comicguide.de/php/suche_v.php?search=Tessloff+Verlag - hier seien die relevanten Serien
heraus gegriffen:
Mosaik - Weltraum-Serie (Junge
Welt / Tessloff, 1999-2006)
Mosaik - Amerika-Serie (Junge Welt / Tessloff, 2005)
Mosaik (Tessloff,
2007)
http://de.wikipedia.org/wiki/Mosaik_%28Zeitschrift%29
Einflüsse aus dem
Osten?
Überraschend gering war der Einfluss der Sowjetunion. Zwar
gab es „Import“ vonseiten dortiger Comics, der allerdings kaum der Rede wert war: „Die sowieso nicht sonderlich
umfangreiche Comicszene blieb allerdings weitgehend verschont, sieht man einmal von der 1:1-Übernahme der Kinderzeitschrift Mischa sowie dem Abdruck von sowjetischen Comics in der Freien Welt ab, die dafür natürlich besonders prädestiniert war, handelte es sich doch um die Zeitschrift der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF). Erfreulicherweise bescherte uns die Kooperation mit dem großen Bruder allerdings eine überaus beliebte Zeichentrickfilm-Serie namens Hase und Wolf, deren 18 Folgen auch heute noch in mehr oder weniger offiziellen CD-ROM- und Video-Ausgaben zu haben sind.“
(siehe http://www.ddr-comics.de/import3.htm)
Heutzutage sähe das mglw. anders aus, hat sich doch inzwischen eine
Comic-Kultur in Russland wieder etabliert, siehe z.B. http://www.graphic-novel.info/?p=18084.
Der dort erwähnte Artikel zu Comics in der SU gibt ergänzende Einblicke: http://www.tagesspiegel.de/kultur/comics/comic-szene-zwischen-major-pronin-und-puschkin/4123778.html
(02.05.2011): „
Eine eigene Tradition gibt es
kaum. „70 Jahre lang waren die Menschen der sowjetischen
Propaganda ausgesetzt, wonach Comics eine amerikanische Provokation sind“, sagt Pawel Suchich, einer der bekanntesten russischen Zeichner. „Eine ganze Generation ist in Russland praktisch ohne Comics aufgewachsen, das hinterlässt Spuren“, sagt der 43-Jährige mit einem charakteristischen Zopf aus Rastalocken.
„Viele Eltern schenken ihren Kindern lieber ein Bilderbuch, weil sie nicht
genau wissen, wozu ein Comic eigentlich gut ist“, sagt der Grafikstudent Sergej, der mit Freundin Dascha die umfangreiche Comic-Ausstellung „KomMissija“ in Moskaus renommiertem Künstlerzentrum Winsawod besucht.“ Dabei gab es bereits
Anfang des 20. Jahrhunderts erste Comics im damaligen Zarenreich, also durchaus parallel zu USA, wie diese Buch-Besprechung erhellt: http://www.meltonpriorinstitut.org/pages/textarchive.php5?view=text&ID=175&language=Deutsch
„In der Sowjetunion konnte sich das Genre allerdings nicht weiterentwickeln, einzig die Kunst der Buchillustration fand breite Anerkennung. Während der amerikanische und europäische Comic aus dem Underground in die Buchläden, Feuilletons und Museen Eingang fand und 1971 von dem französischen Literaturwissenschaftler Francis Lacassin als »Neunte Kunst« in den Kanon der bildenden Künste erhoben wurde, verkümmerte das Genre zu Sowjetzeiten. Auch nach
dem Zerfall der Sowjetunion hatte es das Genre schwer in Russland, nicht zuletzt weil die Propaganda nachwirkte, wonach Comics einer minderwertigen US-amerikanischen Massenkultur angehörten.“
Das mit der Illustration gab's übrigens auch in der DDR, nämlich sogar als karikierende Satire-Zeitschrift „Eulenspiegel“: Dort blitzte schon mal ein Panel auf, etwa in einer 1974-er Ausgabe mit „Eine Fahrstunde“ (Eulenspiegel Sonderausgabe 2/04, Die Klassiker aus 5 Jahrzehnten * Die Jahre 1970-1979). Oder das „Magazin“,
in seiner Hoch-Zeit in Milllionen-Auflage, in dem sich neben „freizügigen“ Fotos (primär von Frauen) auch illustrierte Witze und weiteres Zeichnerisches fand. Beide finden sich übrigens auch mit einer Seite auf Facebook …
Doch zurück zu „Briiderchen Rrrussland“:
Sowjet-U…nderground?! Wobei es immerhin „Undergroundiges“ gab, etwa die karikierende „Satire“ mit dem Titel „Oktobriana“, geschrieben in kyrillischen Buchstaben, von Petr Sadecky et al., in
Deutschland erschienen beim Brumm-Comix im Melzer Verlag (Darmstadt 1972), „herzlich gewidmet dem Genossen L.I. Breschnew zum 55. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution“. Die beiden Strips haben als Titel „O. und die Atomsonnen des Genossen Mao“ und „O. und die lebendige Sphinx des radioaktiven Vulkans auf der Kamtschatka“. Das Layout ist sehr „dynamisch“, in
dieser Ausgabe A4 hochformatig, kleinere und größere Panels, die Texte „drunter und drüber“ stehend, auch mal daneben – und schwarz-weiß, in eher groben Zügen.
Fazit: Wie anders kommen da die Geschichten in „Mosaik“ daher!
Bunt und frech, ob nun die
Hegenschen Digedags oder deren Nachfolger Abrafaxe. Welche Botschaften
unterschwellig mitlaufen mögen, das sind unterhaltsame Geschichten mit action
wie auch einem gewissen Esprit. In diesem Sinne „ad multos annos“ Mosaik, mit
60 Jahren auf jeden Fall das Gegenteil von „… etwas leiser“ … HPR
Schuf nach Hannes Hegens Weggang vollwertigen Ersatz: Die DDR-Trickfilmzeichnerin Lona Rietschel - ihre Serie "Die ABRAFAXE" von 1976 geriet zum Dauerbrenner bis heute (Titelidee: Lothar Dräger)
(c) Cover Mosaik Verlag Steinchen für Steinchen
Eine Schnaps-Idee von Michael Ryba (1947-2014, seit 1981 freischaffend tätig als Designer, Maler, Illustrator, Cartoonist, Autor und Dozent) und Peter- Torsten Schulz, geb. 1944, Maler, Dichter, Fotograf, Buchautor, dessen ATELIER FÜR ANGEWANDTE KUNST in Mülheim an der Ruhr jeden 1. Samstag im Monat für Publikum geöffnet ist (außer im Januar und August) sowie an allen Advents-Samstagen, siehe http://www.petertschulz.de/guten_tag.php. Vielleicht ist dort ja auch ein Blick in den Schindel-Schwinger möglich … Als eine „anarchische deutsche Comicreihe“ werden die fünf Alben gerne bezeichnet, deren fünftes ohne Erlaubnis von Autor Schulz und Zeichner Ryba erschienen war. Für manchen Betrachter ist vor allem viel Blasphemisches in den Bänden zu entdecken, doch immer liebevoll präsentiert und letztlich die Kräfte von Himmel und Hölle einander näher bringend. Worum geht´s?
Nachdem er die Welt erschaffen hat, gönnt sich der Schöpfer einen guten Whisk(e)y – und schläft prompt in einer Lehmkühle ein. Pech ist, dass ausgerechnet dort einige „Geschöpf-Prototypen“ eingelagert sind, Proben genannt, die nun durch des Schöpfers Atem zum Leben erweckt werden - darunter „Schindel-Schwinger“, seines Zeichens Drache mit blonden Haaren und Boxhandschuhen. Die Proben machen sich aus dem Staub und gründen eine Stadt namens "Flohheim". Besorgt um sein Ansehen, beauftragt Gott Petrus und Luzifer, die Entflohenen zurückzuholen. Welcher von beiden das schafft, der soll später über die Erde herrschen: So beginnt der also, der Kampf um Flohheim, verbindender Titel aller fünf Bände. Neben dem Held Schindel-Schwinger, dem mit großem Ego ausgestatteten Retter von Flohheim, ausgestattet mit starkem Ego, ist Bimmel-Beule zentrale Figur des Comics, der Bürgermeister, eine Kreuzung aus Walross und Elch. Da nach Abbruch der Reihe ein mögliches Ende noch fern ist, bleibt auch offen, ob der Wettstreit zwischen Petrus und Luzifer enden sollte wie bekannt: Petrus (resp. sein Nachfolger, der jeweilige Papst) als „Herrscher“ der Erde, Luzifer weiter als Boss der Unterwelt …
Schindel-Schwinger traf offenbar den Zug der Zeit und fand seine Leserschaft Mitte der 1970er
Jahre. Doch beim Erscheinen des 5. Bandes 1977 war „das Tischtuch bereits zerschnitten“, zwischen dem Autoren-Duo und dem heraus gebenden Verlag ILLUPress: „Als Autoren wurden weiterhin Peter
Schulz und Michael Ryba angegeben. Die Produktion erfolgte durch das Studio Mondadori in Italien unter Copyright-Verletzung ohne Beteiligung der beiden Autoren und Rechteinhaber. Nach dem 4. Band
gab es Streitigkeiten. Der Verlag forderte ein kindgerechteres und weniger komplexes Szenario und wollte das Script nicht mehr von Peter Schulz schreiben lassen. Ein neuer Vertrag kam nicht
zustande, so dass der Verlag ohne Wissen von Ryba und Schulz dieses Album produzieren und vertrieben ließ. Eine Fortführung seitens des Verlages konnte rechtlich unterbunden werden, so dass das
als Band 6 mit dem Titel "Schindel-Schwinger schnappt die Agenten" angekündigte Album nicht mehr erschienen ist.“ (http://www.comics.org/issue/839281/) Schade eigentlich: Gilt die Serie unter
Intellektuellen auch der Jetzt-Zeit doch als Geheim-Tipp, wobei sie unterschiedlich gut verfügbar sind, wie die Preise des jeweiligen Albums im Zweitmarkt zeigen... HPR
In den letzten Jahren war es eher ruhig um ihn geworden, den „Altmeister des DDR-Comic“. Zwar hatte er nochmals versucht, seine Digedags wieder aufstehen zu lassen, indem er die Übertragung auf Bühnenstücke erlaubt, nach der Jahrtausendwende – allerdings mit durchwachsenem Feedback der „Gemeinde“. Doch schließlich blieb Hannes Hegen das Schicksal, ins Pflegeheim zu kommen, in dem er bis zu seinem Tod bleiben musste. Deshalb hatte er auch sein Archiv aufgeben müssen, das er 2009 dem „Haus der Geschichte“ vermachte. Doch seine Figuren leben – und wie: Sogar die FAZ widmete ihnen mehr als ½ Seite, wenn auch mit dem Aufhänger eines Nachrufs (am 14.11.14: „Ein Comic-Unternehmer in der DDR“, Während sich Lona Rietschel, die früh das Zeichnen der Digedags wie auch weiterer Serien in Mosaik übernommen hatte, ein (auto)biografisch-bibliografische „Mosaik-Ausgabe“ gönnte („Bilder meines Lebens“, inkl. RZ des ersten Mosaik-Hefts aus dem Jahr 1976 erschienen 2013, quasi zu ihrem 80. Geburtstag), fehlt derlei für Johannes Eduard Hegenbarth, wie er ja eigentlich hieß, aus einer stark Grafik-orientierten Familie stammend: Da gab es den Maler Emanuel H. und den Grafiker Josef H. („jüngerer Vetter“) – und aktuell ist die Schauspielerin Wolke H. ja u.a. im TV zu sehen … Geehrt wurde Hannes Hegen 2008 noch „rechtzeitig“ für sein Lebenswerk mit dem Max-und-Moritz-Preis beim Internationalen Comic-Salon in Erlangen …
Eine weitere Hegen-Serie war „Ritter Runkel“, zu denen der zugehörige Autor Lothar Dräger in den Jahren ab 2000 vier Romane verfasst hat. Die Digedags sind inzwischen im Tessloff Verlag untergeschlüpft, während im Nachfolger-Verlag Mosaik Steinchen für Steinchen die Nachfolger weiter entwickelt werden: Danach kamen die Abrafaxe, gegen die Hannes Hegen bekanntlich rechtlich vorzugehen versucht hatte, erfolglos. Davor schon gab es „Atze“ mit u.a. Fix & Fax, den Mäusen, „einem unpolitischen Comic“, so Wikipedia - und später weitere Serien, alle durchaus ideologie-verwoben, wie auch die Digedags, was deren Schöpfer durchaus leugnete. Ideologie? Wobei – geht ideologie-frei wirklich? Die Einfach-Dichotomie „gut vs. böse“ wird gern genommen, je nach Blickwinkel eingesetzt. 2014-er Jubiläen zeigen das deutlich, siehe die Marvel-Welt und konkret Batman, jeweils 75 inzwischen.
Der Themenkreis „Mosaik“ hat sogar an diversen Unis Interesse gefunden, mit also deutlich breiterer Rezeption, als sich auf den ersten Blick erwarten ließe, siehe das mancherorts übliche kritische Betrachten von Comics mit hoch gezogenen Augenbrauen und krauser Stirn. Via z.B. GRIN-Verlag (www.grin.com) sind mindestens drei Seminar-Arbeiten rund um MOSAIK zu finden: „Die gestalterische Entwicklung des Comic-Magazins "MOSAIK“ von Julia Steinborn, „Der bildende und erzieherische Charakter der Mosaik-Comics am Beispiel der Weltraum-Serie 1958-62“ von Anne Kuhnert sowie „Neo Rauch und Comic als bildgebendes Element. Daniel Clowes und Hannes Hegens „Mosaik““ von Christiane Bernhardt. Hierauf und auf vielen Artikeln aus allgemeiner wie aus Comic-Fachmedien ließe sich aufbauen, Hannes Hegen und seinem Wirken eine umfassende Publikation zu verschaffen …
Links: Wikipedia, wer´s mag … http://de.wikipedia.org/wiki/Hannes_Hegen (von dort weiter zu den Comics und weiteren Personen). HPR