Unabhängiges E-Fachmagazin für Comic-Kultur & Bildgeschichte

Herausgegeben und gegründet von Martin Frenzel                      Online seit Dezember 2014

Aktuelles - Novitäten aus der deutschen und internationalen Comic-Szene

Comicoskop-Ausgabe Nr. 6 / April - August  2016 / 3. Jahrgang / Gegründet 2014

Austrias Ausnahme-Cartoonist Manfred Deix ist jetzt im Himmel (und nicht mehr auf Erden)

Sich selbst sah er, Jahrgang 1949, als "Beach Boy der Cartoons" / Tatsächlich war er der Seelenversteher seiner österreichischen Landsleute / Bissiger Chronist der Spießer und Kleinbürger stirbt nach schwerer Krankheit im Alter von nur 67 Jahren / Stand in der Freigeist-Tradition eines George Grosz

Die Arbeiten von Manfred Deix sind längst Kunstwerke, Klassiker nicht nur der österreichischen Karikatur und stilbildend für viele Kollegen.

Die Bedeutung seiner schonungslosen Cartoons gehen weit über die Landesgrenzen seiner Heimat hinaus und waren unermüdlich in seiner Kritik an gesellschaftlichen Zwängen.

Das Enfant terrible der österreichischen Cartoon-Szene analysierte mit spitzer Feder die Untiefen der österreichischen Seele. 1992 präsentierte Manfred Deix eine umfassende Werkschau auf den Mainzer Comic-Tagen im November 1992. Der Künstler kam höchstpersönlich zur Vernissage in der ehemaligen Mainzer Lampenfabrik - die Schau gehörte zweifelsohne zu den Highlights dieses besonderen Rhein-Main-Festivals der neunten Kunst.

Deixens dargestellte Charaktere haben als „Deixfiguren“ an sprichwörtlicher Bedeutung gewonnen, fanden sogar Aufnahme im Duden.

Manfred Deix war maßgeblich an der Gründung des Karikaturmuseum Krems, dem einzigen Museum für Bildsatire und kritischer Grafik in Österreich, beteiligt, wo er bis heute mit einer Dauerpräsentation früherer und aktueller Arbeiten vertreten ist. In seiner Rede zur Ausstellung „Für immer Deix!“ meinte der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll: „Manfred Deix versteht es, den Menschen einen Spiegel vorzuhalten. Einen Spiegel, der vieles zeigt, was wir in Wahrheit als Normalsterbliche im Alltag gar nicht merken und gar nicht sehen.“

Seit 1988 ist Manfred Deix Träger des Nestroy Rings der Stadt Wien, 2005 wurde ihm das goldene Verdienstzeichen der Stadt Wien überreicht. Das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich wurde Deix 2009 verliehen. 2012 erhielt er den Österreichischen Kabarettpreis (Kategorie Sonderpreis).Manfred Deix‘ Zeichnungen wurden in Magazinen wie u.a. profil, trend, News, Stern, Der Spiegel, Pardon, Titanic, und im Playboy veröffentlicht. Nach „Cartoons“, dem ersten Deix-Sammelband aus dem Jahre 1980 folgten viele weitere Publikationen, darunter „Der dicke Deix“, „Der goldene Deix“ „Dichter Deix“, „Der heilige Deix“ und „Für immer Deix!“ (2012), zuletzt erschienen 2015 Neue Zeichnungen sowie sein achtzehntes Buch Tierwelt. Katzen & Co.Gottfried Gusenbauer, Direktor des Karikaturmuseum Krems, zum Werk des politischen Zeichners: „Manfred Deix war einer der großen Künstler Österreichs. Es gab und gibt viele Tabus und unangenehme Wahrheiten, die man nicht ansprechen durfte oder konnte, hier hat uns Deix mit seinen Bildern die Augen geöffnet.“Die MitarbeiterInnen des Karikaturmuseum Krems sind über den Tod von Manfred Deix tief betroffen und trauern um ihn. Mit ihm verliert die österreichische Karikatur- und Zeichnerszene einen der kritischsten und einflussreichsten Künstler unserer Zeit.

War im November 1992, vor 24 Jahren,  mit einer sehenswerten Werkschau in der ehem. Lampenfabrik (damals Kulturzentrum)   bei den 1. Mainzer Comic-Tagen (Rhein-Main-Festival der neunten Kunst) mit von der Partie und persönlich  bei der Vernissage zugegen: Manfred Deix.                         Cover: (c) Mainzer Comic-Tage / Martin Frenzel / Baru - Foto: (c) Stadt Mainz

Manfred Deix (Bildmitte) - umringt von den Freunden der Neuen Frankfurter Schule (ganz li außen F.K. Waechter, rechts außen Robert Gernhardt, Hans Traxler 2.v.rechts) / Foto: (c= Achim Frenz & Caricatura-Mueum für Komische Kunst Frankfurt am Main

(c) Manfred Deix & Karikaturen-Museum Krems

Der österreichische Karikaturist Manfred Deix ist am 25.

Juni 2016 im Alter von 67 Jahren gestorben. Wie seine Frau Marietta Deix laut Pressemitteilung des österreichischen Karikaturen-Museums in Krems mitteilte, erlag er einer langen, schweren Krankheit.

Manfred Deix feierte erst vor kurzem, am 22. Februar 2016, seinen 67. Geburtstag. 

Der Publizist Henryk M. Broder meinte über den

Karikaturisten Manfred Deix: „Er ist der Stift, mit dem Karl Kraus gezeichnet hätte.“ 

Der Künstler Gottfried Helnwein, ein jahrzehntelanger

Weggefährte von Manfred Deix, trauert ebenfalls um seinen Freund: Manfred Deix, der größte satirische Zeichner dieses

Jahrhunderts ist nicht mehr.

Wenn Michelangelo sagte, die größte Kunst sei „nichts als

ein Schatten der göttlichen Perfektion“, dann hat Deix mit seiner Kunst den unerbittlichen Gegenbeweis angetreten: Er zeigte uns, dass das Werk des Schöpfers nur so strotzt von Fehlern, Peinlichkeiten und Schnitzern. Gott sei Dank, muss man sagen, denn bei einem perfektionistischen Gott hätten wir wenig

zu lachen, und es war Deix, der uns zu der bedeutenden philosophischen Erkenntnis verholfen hat, dass die Schöpfung lächerlich und Gott der größte Humorist ist.

Manfred war ein großer Bewunderer Muhammad Ali’s und ich

glaube, dass es in seinem Sinne war diese Welt gemeinsam mit ihm zu verlassen. So seltsam es klingen mag – diese beiden hatten etwas gemeinsam: sie waren Jahrhunderterscheinungen, die die Welt grundlegend verändern sollten – der eine die Welt des Boxsports, der andere die Welt der satirischen Zeichnung. Beide zeigten dem staunenden Erdkreis Kunststücke, die man

bis dahin für völlig unmöglich gehalten hatte. Und beide flatterten wie die Schmetterlinge und stachen wie die Bienen.

Ich kann mir eine Welt ohne Manfred Deix, mit dem ich mein

ganzes Leben lang verbunden war, nicht vorstellen, so der Künstler, Freund und Weggefährte Gottfried Helnwein.

(c) Manfred Deix & Karikaturen-Museum Krems

Beach Baby 2000 - /c) Manfred Deix

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

Reinhard Kleist gewinnt zweifach: Luchs-Preis Kinder- und Jugendbuchpreis für die Flüchtling-Novelle "Der Traum von Olympia"...

Comic-Drama übers Flüchtlings-Massensterben im Mare Nostrum / "DIE ZEIT" und Radio Bremen verleihen Preis an Berliner Comic-Zeichner  für dessen Flüchtlingscomic am Vorabend der Leipziger Buchmesse / 8.000 Euro Preisgeld /  Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis der Deutschen Bischofskonferenz 2016: 11. Mai 2016 Preisverleihung in Bamberg

Gleich zweifacher Preisträger fürs Flüchtlings-Comic-Drama "Traum von Olympia": Reinhard Kleist / Foto: (c) Anna Zwei (Kath. Bischofskonferenz)

Er gilt als einer der besten  realistischen deutschen Comic-Erzähler, manche halten ihn für den deutschen Will Eisner: Der 45jährige Berliner Reinhard Kleist erfährt jetzt für seine gelungene Graphic Novel "Der Traum von Olympia", einem empathischen Flüchtlings-Melodram in Bildern, gleich doppelte Ehrung. So geht zum einen der LUCHS Kinder- und Jugendbuchpreis, der einmal jährlich von der ZEIT und Radio Bremen verliehen wird, an den Künstler, der gerade einer Nick Cave-Comicbiografie feilt.  Das Werk ist 2015 im Carlsen Verlag erschienen, richtet sich an Jugendliche ab 14 Jahren. Der mit 8.000 Euro dotierte Preis wurde am Vorabend der Leipziger Buchmesse, am 16. März 2016 in Leipzig verliehen. Zum anderen gab die Katholische Bischofskonferenz bekannt, dass man Kleist obendrein den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2016 verleihen werde.

Es ist eine wahre Geschichte, die der Autor und Zeichner

Reinhard Kleist in seinem Comicroman erzählt: Samia Yusuf Omar lebt, um zu laufen, und läuft, um zu leben. Sie läuft vor der islamistischen Al-Shabaab-Miliz in ihrer Heimat Somalia davon. Und sie läuft, um ihren Traum von einer Profikarriere als Sportlerin zu verwirklichen. Mit 17 Jahren tritt sie bei den Olympischen Spielen an und kommt als Letzte ins Ziel. Bei den

nächsten Spielen will sie es besser machen. Um trainieren zu können, macht sie  sich auf den Weg von Somalia nach Europa und ertrinkt im April 2012 bei der Überfahrt mit einem Flüchtlingsboot im Mittelmeer, heißt es im Pressetext der LUCHS-Jury aus ZEIT und Radio Bremen.

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

„Reinhard Kleist hat Samias Geschichte rekonstruiert. Der

Wortlaut in seinem Comic ist zwar frei erfunden, doch das Buch lebt ohnehin von den Zeichnungen, die in ihrer Unmittelbarkeit fesseln, anrühren und schockieren. Die breiten schwarzen Tuschestriche sind in ihrer Reduziertheit so eindringlich, dass wir das Gefühl haben, an Samias Seite zu laufen“, so

der Tenor der LUCHS-Jury. „Reinhard Kleist verleiht mit seiner Graphic Novel einer von vielen Ertrunkenen posthum eine Stimme und macht sie zu einem erkennbaren Gesicht.“ 

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

Reinhard Kleist, geboren 1970 in Hürth bei Köln, studierte

Grafik und Design an der Fachhochschule Münster und lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche vielbeachtete Comics, Der Boxer. Die wahre Geschichte des Hertzko Haft, Cash, Havanna oder Castro - unter anderem bei den Verlagen Ehapa, Landpresse, Reprodukt, Edition 52 und Carlsen. Zudem illustrierte er Bücher und Plattencover und war als Artdirector für Trickfilme tätig. Kleist wurde für seine Comics mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der Max und Moritz-Preis, der PENG!-Preis und der Deutsche Jugendliteraturpreis. 

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

 Der LUCHS prämiert jeden Monat ein ganz besonderes Kinder-

oder Jugendbuch. Unter den 12 MonatsLUCHSEN wird ein JahresLUCHS gekürt. Die Jury bilden Brigitte Jakobeit, Übersetzerin, Maria Linsmann, Kunsthistorikerin,

Anja Robert, Redakteurin bei Radio Bremen, und Christoph Rieger, Leiter der ilb-Sektion Internationale Kinder- und Jugendliteratur. Den Vorsitz hat ZEIT-Redakteurin Judith Scholter in Vertretung für ihre Kollegin Katrin Hörnlein.

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

Die Begründung der Jury

"Reinhard Kleist hat Samias Geschichte rekonstruiert. er Wortlaut in seinem Comic ist zwar frei erfunden, doch das Buch lebt ohnehin von den Zeichnungen, die in ihrer Unmittelbarkeit fesseln, anrühren und schockieren. Die breiten schwarzen Tuschestriche sind in ihrer Reduziertheit so

eindringlich, dass wir das Gefühl haben, an Samias Seite zu laufen", so das Urteil der Luchs-Jury.

 Und weiter: ”Reinhard Kleist verleiht mit seiner Graphic Novel einer von vielen Ertrunkenen posthum eine Stimme und macht sie zu einem erkennbaren Gesicht."

Seit 30 Jahren stellen Radio Bremen und die Hamburger Wochenzeitung  "Die Zeit" alle vier Wochen ein Kinder- oder Jugendbuch vor, das aus dem Gros der Neuerscheinungen herausragt. Für die Luchs-Juroren bedeutet das, Bücher für Kinder und Jugendliche genauso kritisch, ernsthaft und respektvoll zu betrachten, wie Bücher für Erwachsene.

Die Rezension von COMICOSKOP-Redakteur Martin Frenzel lesen Sie HIER!

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

... und den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis der Deutschen Bischofskonferenz 2016

Für Kleists Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / Preisverleihung am 11. Mai 2016 bei  Festakt in Bamberg

Der in Berlin lebende, aber aus dem Kölner Raum stammende Comic-Erzähler und Illustrator Reinhard Kleist erhält in diesem Jahr den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis. Wie die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch mitteilte, wird er für seine Graphic Novel "Der Traum von Olympia – Die Geschichte von Samia Yusuf Omar" ausgezeichnet. Der Comic erzählt die wahre Geschichte einer jungen Leichtathletin aus Somalia, die während der Flucht aus ihrem Heimatland stirbt. Kleist habe in gestalterisch "ganz außergewöhnlicher Weise das Schicksal der jungen Samia in Worte und Bilder gefasst", begründet der Jury-Vorsitzende und Trierer Weihbischof Robert Brahm die Entscheidung. 

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

Weiter heißt es in der Begründung, der Comic-Autor gestalte seine Biografie im Comic-Format "auf eindringliche Weise" und fordere damit "Mitgefühl und christliche Handlungsnotwendigkeit heraus". Die 1991 geborene Samia Yusuf Omar hatte 2008 für ihr Heimatland Somalia an den Olympischen Spielen in Peking teilgenommen. Nachdem sie dort zunehmenden Repressalien ausgesetzt war, machte sich die junge Frau auf die gefährliche Reise nach Europa und ertrank vor der Küste Maltas im Mittelmeer.

Reinhard Kleists preisgekröntes Flüchtlingsdrama "Der Traum von Olympia" / (c) Carlsen Verlag und Reinhard Kleist

Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis wird 2016 bereits zum 27. Mal vergeben. Das Preisbuch wurde aus 253 Titeln aus 75 Verlagen ausgewählt. Der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst, überreicht den Preis am 11. Mai 2016 bei einem Festakt in Bamberg, heißt es in der Mitteilung der Katholischen Bischofskonferenz.

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