Deutschlands beste realistische Comic-Zeichnerin Isabel Kreitz erzählt mit Vorliebe deutsche Geschichte in Bildern. Kaum eine andere Comic-Zeichnerin unserer Tage setzt sich in ihrem Werk so sehr mit deutscher Geschichte auseinander wie Isabel Kreitz. Im September erscheint ihre neueste Graphic Novel, Rohrkrepierer, eine Adaption des Romans von Konrad Lorenz. Darin schildert die Max-und-Moritz-Preisträgerin die Nachkriegszeit ihrer Heimatstadt Hamburg in eindrücklichen und beeindruckenden Bildern. "Im Zentrum der Erzählung stehen Jugendliche, die miterleben, wie ihre Väter gezeichnet von der Front heimkehren, und für die der Schwarzmarkt Alltag ist. Doch nicht nur für die Kinder ist die Nachkriegszeit eine Zeit des Neubeginns, auch die Elterngeneration steht vor großen Herausforderungen...", heißt es in einer Presseinfo des Carlsen Verlags. Der autobiografische Roman von Konrad Lorenz rückt das Thema Wiederaufbau in den Mittelpunkt, wie es keineswegs nur in Hamburg vonstatten ging; Isabel Kreitz setzt mit ihrer Bildsprache neue Glanzpunkte. Ihre Milieustudien waren schon wie in Die Entdeckung der Currywurst, Haarmann und Die Sache mit Sorge von erstaunlicher Akkuratesse.
Eine Kindheit "auf St Pauli" in der Nachkriegszeit ist etwas Besonderes: besonders dreckig, hungrig, spießig und jenseits aller üblichen bürgerlichen Moralvorstellungen.
Aber es ist so wie überall in Deutschland: Die Mütter organiseren den Kampf ums Überleben. Die Kinder spielen in den Ruinen. Es fehlen die Väter. Und die, die wieder auftauchen, sind kriegsgeschädigt, vor allem im Kopf. Es wächst eine "lebenshungrige" junge Generation heran, die sich für Kino und Jazz interessiert, und ihre Sexualität in einer einer Welt entdeckt, in der Unverheiratete kein Hotelzimmer bekommen. Nichtmal auf St. Pauli.
Eröffnet: Publikumsansturm aufs neue Erika Fuchs-Haus / Foto: (c) Erika Fuchs Haus
Damit geht ein Traum aller Donaldisten in Erfüllung: Das Erika-Fuchs-Haus | Museum für Comic
und Sprachkunst hat, nach allerlei Holprigkeiten und Startproblemen nun bei enormem Medienecho am 1. August 2015 seine Tore geöffnet. Presse, Funk und Fernsehen berichten landauf, landab: Jetzt
weiß wohl jedes Kind in Deutschland, dass es irgendwo im Süden der Republik ein Comic-Museum der besonderen, anderen Art gibt... 1.600 BesucherInnen kamen...
Damit gibt es zwar noch lange kein Comic-Museum, wohl aber ein neues, in der Tat einzigartiges Mekka der Funny Animals und Disney-Freunde im Fichtelgebirge, in Schwarzenbach an der Saale nahe dem bayerischen Hof: Dr. Erika Fuchs (1906 – 2005), die legendäre deutsche Übersetzerin und langjährige Chefredakteurin des Micky-Maus-Magazins, lebte 50 Jahre lang in Schwarzenbach a.d.Saale in Oberfranken.
Dass die Fuchs derart glänzen konnte, verdankt sich der Pionierleistung des dänischen Comic-Verlags Gutenberghus: Die Dänen waren es, die zumindest de Westdeutschen Micky Maus, Donald Duck & Co. nach den Wirren der Nazi-Zeit (wieder) nahebrachte. 1951 erschien das erste westdeutsche Nachkriegsheft der Micky Maus - im eigens gegründeten Ehapa-Verlag - getreu den Initiale des dänischen Gutenberghus-Gründers Egmont H. Petersen - E-Ha-Pa...
Egmont ist heute einer der führenden Medienunternehmen Skandinaviens. Der Multimedia-Konzern gibt nicht nur Wochenmagazine, Zeitschriften, Comics, Bücher und Schulbücher heraus, sondern ist auch im Bereich Film, Fernsehen, Kino aktiv, betreibt einen eigenen Fernsehsender und digitale Medien. Egmont gibt Medienprodukte in über 30 Ländern heraus, darunter Deutschland, nennt 6.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Umsatz lag 2013 bei 12,1 Milliarden dänischen Kronen (ca 2,5 Milliarden Euro).
Die Wurzeln des Unternehmens Egmont (bis 1992 hieß es Gutenberghus) reichen bis ins Jahr 1878 zurück: Damals rief der damals 17 Jahre alte Egmont H. Petersen seine erste kleine Druckerei ins Leben. 1904 übernahm Egmont H. Petersen sodann die Frauenzeitschrift "Damernes Blad" (dt. "Das Magazin für die Frau") und machte es unter dem neuen Titel "Hjemmet" (Unser Zuhause) als Familien-Journal zur ältesten und größten Wochenpostille Skandinaviens.
In Dänemark, der Heimat des Ehapa-Verlags, startete das dänische Disney-Heft bereits zwei Jahre früher, im März 1949.
Ohne den Ingolstädter Juristen Gerhard Severin, von Beruf Amtsrichter und in seiner
Freizeit Donaldist von Kopf bis Fuss, wäre der kühne Musumsplan wohl nie Wirklichkeit geworden: Severins gewaltige Donald-Merchandising- und Figuren-Sammlung bildet den
Grundstock des neuen Museums. Neue Museumsdirektorin ist Dr. Alexandra Hentschel. Mit ihren Wortschöpfungen, Sprachspielereien und dem Einstreuen klassischer Zitate prägte die von den Dänen
engagierte Erika Fuchs nachhaltig die deutsche Alltagssprache. Das Erika-Fuchs-Haus | Museum für Comic und Sprachkunst würdigt Leben und Werk der großen Disney-Übersetzerin und stellt ihre Arbeit
in den Gesamtkontext der Kunstform Comic. Originale Objekte wie Manuskripte, Schreibmaschine und Notizbuch geben Eindruck in die Arbeitsweise von Erika Fuchs. Interaktive Stationen laden dazu
ein, ihre Sprachkunst spielerisch nachzuempfinden. Der preisgekrönte junge deutsche Comic-Zeichner Simon Schwartz erzählt das Leben von Erika Fuchs als raumhohen biografischen Comic.
Ein Höhepunkt für Kinder stellt das begehbare Entenhausen dar - einschließlich Talerbad im Geldspeicher. Eine Comicbibliothek gibt Gelegenheit zum Schmökern und Studieren.
Träger des Museums ist die Stadt Schwarzenbach a.d.Saale. Die Investitionskosten von rund 5 Mio. für das neue Museum konnten zu fast 90 Prozent über Fördermittel gedeckt werden. Zu den Fördergeben zählen das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm Stadtumbau West, die Oberfrankenstiftung, das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), die Bayerische Landesstiftung, der Kulturfonds Bayern, die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern sowie die Sparkassenstiftung. Zur weiteren Unterstützung des Museums wurde die Dr.-Erika-Fuchs-Stiftung gegründet. Der Förderkreis „Klub der M.I.L.L.I.A.R.D.Ä.R.E“ (Menschen in lauterer lebenserfahrener interaktiver angenehmer Runde, donaldische Ästhetik rigoros einfordernd) zählt mittlerweile 250 Mitglieder.
Der junge Architekt Dominik Burkhard aus Karlsruhe war als Sieger aus dem Architekturwettbewerb hervorgegangen. Die Dauerausstellung wurde konzipiert und gestaltet von der Firma m.o.l.i.t.o.r. aus Berlin. Nach dem Abriss des alten Gebäudes 2012 begann 2013 der Neubau in der Altstadt von Schwarzenbach a.d.Saale. Ende 2013 wurde Richtfest gefeiert. In den vergangenen Wochen ging dann alles sehr schnell. Somit kann das Museum nun pünktlich zum Beginn der bayerischen Sommerferien seine Pforten öffnen. „Wir können rechtzeitig zu Beginn der Ferien den Menschen in der Stadt und der Region sowie den Urlaubern in Fichtelgebirge und Frankenwald dieses einmalige Museum übergeben“, freut sich Erster Bürgermeister Hans-Peter Baumann.
Seit dem 2. August 2015 ist das Erika-Fuchs-Haus | Museum für Comic und Sprachkunst täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
(c) Dargaud Editeur/Mézières & Christin/Luc Besson/Verleih
Der britische Schauspieler Clive Owen ("Shoot ’Em Up", s.Foto) bekommt eine Rolle in Luc
Bessons Comicverfilmung "Valerian & Veronique". Das berichtet der Filmnachrichtenblog "Deadline.com". Neben den beiden bereits feststehenden Hauptdarstellern Dane DeHaan und Cara Delevingne
soll Owen in der Verfilmung des SF-Klassikers von Jean-Claude Mézières (Zeichnungen) und Pierre Christin (Text) von 1967 in die Rolle des Commander Arün Filitt schlüpfen. Die Dreharbeiten starten
demzufolge Anfang 2016..
Über die genaue Handlung hüllt sich der französische Starregisseur Luc Besson noch in Schweigen: Immerhin gab er preis, dass das Kinoepos "Valerian and The City of a Thousand Planets", so geplante Titel der Comicverfilmung, Dutzende verrückt aussehender Kreaturen präsentieren wird. Für Kenner der Valerian-Comicalben keine Überaschung...
(c) Egmont Ehapa Media / Editions Albert-René (Albert Uderzo & René Goscinny)
Als der Egmont-Ehapa Verlag, Deutschlands Asterix-Hausverlag seit dem Kauka-Skandal Mitte der 1960er Jahre den neuen Asterix-Titel unlängst bekanntgab, war das Staunen groß (nicht zuletzt hier auf COMICOSKOP): Statt "Der Papyrus des Cäsar", wie der französische Originaltitel des am 22. Oktober 2015 europaweit erscheinenden Asterix-Bands 36 lautet, ersann man den kryptisch klingenden Titel "Cäsars Geheimnis". Das alles erfuhr die Öffentlichkeit auf einer europäischen Pressekonferenz im italienischen Bologna, im März diesen Jahres. Nun die Kehrtwende kurz vor Toresschluss: Wie Egmont-Ehapa mitteilt, habe man den Titel "aus rechtlichen Gründen" ändern müssen. Es gebe ein Kinderbuch gleichen Namens - zum Thema übergewichtige Kinder. Offenbar eine vorbeugende Maßnahme, da niemand geklagt hatte. Neuer Titel des neuen Asterix aus der Feder des neuen Autoren-Duos Jean-Yves Ferri und Didier Conrad (Zeichnungen): Jetzt doch so wie im Original - "Le Papyrus de César"...
Mit den beiden Machern war Zeichner-Legende Albert Uderzo und Anne Goscinny, Tochter des genialen, schon 1977 allzu früh verstorbenen Texters und großen Humoristen René Goscinny, freilich trotz all dieser Titel-Kapriolen ein Meisterstück gelungen: Texter Ferri gilt nicht umsonst als einer der besten Comic-Humoristen Frankreichs ("De Gaulle à la Plage")... Der letzte Asterix ("Asterix bei den Pikten") wirkte spritziger als die vorherigen oft blutleeren Bände - geriet wieder zum wortwitzigen, treffsicheren Lesevergnügen, beinahe wie in alten René Goscinny-Zeiten. 2019 feiert die Bestseller-Serie um den gallischen Gnom Asterix und seinen korpulenten Kumpan Obelix 60jähriges: Am 29. Oktober 1959 feierte der Comic-Klassiker Premiere im legendären französischen Comic-Magazin "Pilote". Pikant: Beide Nachfolger - Ferri ebenso wie Zeichner Conrad ("Bob Marone", "Lucky Kid") - sind 1959, also im Jahr der Asterix-Premiere geboren. Während Ferri in Südwestfrankreich lebt, hat es den französischen Comic-Künstler Conrad, dessen Eltern aus der Schweiz stammen, mitsamt Familie ins sonnige Kalifornien verschlagen. Die weltweite Gesamtauflage liegt bei über 350 Millionen Exemplaren. Paradoxerweise avancierte Asterix im Lauf der Zeit in West-, später in Gesamtdeutschland zum Publikumsliebling - mit höheren Auflagen als im Heimatland der Serie, Frankreich. 1961 freilich erschien das erste Asterix-Album in Frankreich mit einer kargen Startauflage von nur 6.000 Exemplaren. Der Durchbruch gelang mit "Asterix und Kleopatra". Goscinny textete bis zu seinem frühen am 5.November 1977 die ersten 24 Asterix-Bände. Die Bände 25 bis 34 entstanden unter der Text-Regie des Zeichners Albert Uderzo (Jahrgang 1927), die kaum an die hohe Qualität Goscinnys in dessen besten Zeiten anzuknüpfen wussten.
Bis dato kamen 35 Asterix-Bände auf den Markt, in 110 Sprachen und Dialekten – darunter Altgriechisch, Latein, Esperanto, Pfälzisch, Friesisch und Plattdeutsch... Seit 1967 erscheint Asterix in deutschen Landen bei Ehapa (heute: Egmont-Ehapa) - einer dänischen Verlagsgründung der Kopenhagener Verlagsgruppe Gutenberghus, die in Deutschland 1951 mit der "Micky Maus" ihre Erfolgsgeschichte begann. René Goscinny, Franzose und überzeugter Gaullist jüdischen Glaubens, hatte Mitte der 1960er Jahre die Nase voll von Kaukas reaktionären, teilweise antisemitisch konnotierten deutschen "Asterix"-Adaptionen in "Lupo modern" ("Siggi und Babbaras") - und entzog Kauka wutentbrannt die Lizenz. Neuer Lizenznehmer wurde der Ehapa Verlag (damals Stuttgart, heute Berlin und Köln): 1968 startete die Serie Asterix als Albenreihe in der originalgetreueren Ehapa-Version, wie wir sie heute kennen. Eine, die wesentlich zum Erfolg der deutschen Asterix-Fassung beitrug: Die hervorragende deutsche Asterix-Übersetzerin und Romanistin Gudrun Penndorf ("Die spinnen, die Römer"), die alle Asterix-Bände von 1 bis 29 fast 25 Jahre lang ins Deutsche von 1968 bis 1992 übertrug (auch etliche Lucky Luke- und herrliche Isnogud-Bände verdanken ihr die deutsche Fassung) ...Gemeinsam mit dem langjährigen Ehapa-Verlagschef Adolf Kabatek schuf Gudrun Penndorf (Jahrgang 1938) eine adäquate deutsche Textübertragung vom Allerfeinsten. Kein Wunder, dass Penndorfs Übersetzerleistung maßgeblich dazu beitrug, dass Asterix in Westdeutschland reüssierte und so das Bewusstsein der verspäteten Comic-Nation tiefgreifend veränderte.
KMF
Foto: (c) Kein & Aber Verlag
Der geniale, preisgekrönte Übersetzer, Schauspieler, Vorlesekünstler, Hörbuch-Sprecher, Autor und Lindenstraßen-Sidekick Harry Rowohlt ist tot. Der 70jährige, geboren 1945 in Hamburg, Sohn des berühmten Verlegers Ernst Rowohlt, machte sich nicht zuletzt als Übersetzer
der Werke Philip Ardaghs, William Kotzwinkles, Shel Silversteins, Kurt Vonneguts und vor allem Flann O’Briens einen Namen. Vor allem aber war er die deutsche Übersetzer-Stimme der US-amerikanischen Underground-Comix-Legende Robert Crumb
(Jahrgang 1943). Berühmt und berüchtigt ist er für seine Lesungen.
Indes: Harry Rowohlt war auch ein hervorragender Comic-Übersetzer,der viel für die Comic-Kultur getan hat. Ohne Harry
Rowohlts Eindeutschungen wären die Crumb Comics bei Zweitausendeins – von „Fritz the Cat“ bis „Immer Ärger mit den Frauen“ wohl kaum so populär geworden. Auch für den heutigen Robert Crumb-Verlag in deutschen Landen, den Berliner Reprodukt Verlag, bürgte Harry Rowohlt, der „Pagini der Abschweifungen“, für deutsche Textübertragungs-Qualität.
Schon in den Golden Seventies stand Harry Rowohlt wie kein anderer für Robert Crumb, “den Brueghel des 20. Jahrhunderts” (so das Magazin
„Time“), in deutschen Landen: Er übertrug des Meisters „Oggie und der
Bohnenstiel“ (2001, Frankfurt am Main 1975), „Die 17 Gesichter des Robert Crumb“ (2001 Frankfurt am Main 1975) und das legendäre Robert Crumbsche „Sketchbook” (2001: Frankfurt am Main 1978)
oder auch Crumbs „Voll auf die Nüsse“, Frankfurt am Main 1981. 1992 folgte Harry Rowohlts kongeniale deutsche Version des Robert Crumbschen Comic-Bands: „Ein Heldenleben“ (2001 Frankfurt am Main).
Werke wie „Immer Ärger mit den Frauen“, „Nausea“ oder „Mister Naturalis“ erscheinen seit Oktober 2012 beim Berliner Comic-Verlag Reprodukt. Nach dem Vorbild des französischen Verlags Cornélius sollen weitere thematisch gegliederte Bände im halbjährlichen Rhythmus erscheinen, im Dezember 2015 in Neuauflage „Fritz the Cat“.
„Nausea” bildet den Auftakt zu einer Neuausgabe des Crumb’schen Oeuvres in der Übersetzung von Harry Rowohlt. Die Geschichten dieser Sammlung beschäftigen sich in ganz unterschiedliche Weise mit Literatur: Ob Robert Crumb nun Jean-Paul Sartre illustriert, Philip K. Dick ins Bild setzt oder Richard von Krafft-Ebings “Psychopathia Sexualis” – stets ist die Relevanz für das eigene Leben spürbar.
Zu Robert Crumbs bekanntesten Schöpfungen zählen Fritz the Cat und Mister Natural, neben seinen Comics zeichnete er Plattencover unter anderem für Janis Joplin und wurde über seine Arbeit zu einer Ikone der Gegenkultur. Crumb war und ist eine 68er Ikone – Harry Rowohlt war sein deutsches Alter Ego und selbst eine 68er Ikone.
Zu Harry Rowohlts größtem Erfolg geriet "Pu der Bär", von Rowohlt neu
übersetzt. Das Werk verkaufte sich die CD 250.000 Mal, 2000 erhielt er dafür die "Goldene Schallplatte".
Bei Züricher Verlag Kein & Aber erschienen zahlreiche Bücher u.a. John Rock (2004), Der Kampf geht weiter (2005) und CDs, darunter Kenneth Grahames Der Wind in den Weiden (2000), A. S. Neills Die grüne Wolke (2005), Laurence Sternes Tristram Shandy (2006) und Henry Glass' Weltquell des gelebten Wahnsinns (2007). 2010 erschien bei
Kein & Aber die Ringelnatz-Hommage Wie seine eigene Spucke schmeckt, das weiß man nicht.
1997 erhielt Harry Rowohlt den Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau, 1998 den Kurd-Laßwitz-Preis (für seine Übersetzung von Kurt Vonneguts Zeitbeben), 1999 den Johann-Heinrich-Voß-Preis
für Übersetzung, 2000 eine Goldene Schallplatte für 250.000 verkaufte Exemplare der CD Pu der Bär, 2001 den Satirepreis Göttinger Elch und 2003 den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis und den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Kinderbuch für seine Übersetzung von Philip Ardaghs Schlimmes Ende. 2005 wurde er mit dem mit 10.000 Euro dotierten Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für sein Gesamtwerk als Übersetzer geehrt.
Komik, Schrägheit, Hintersinn, Skurrilität, Absurdität, Übertreibung und Genialität – das waren die besonderen Kennnzeichen Harry Rowohltscher Schreib- und Übersetzungskunst.
Es wäre an der Zeit und allemal überfällig, Harry Rowohlt nun wenigstens posthum für seine Übersetzerleistungen in Sachen Robert Crumb zu ehren – mit einem Max-und-Moritz-Preis in Erlangern 2016.
KMF
»… die Weltliteratur wird von Übersetzern gemacht.«,
wusste schon José Saramago.
„Ulrich Pröfrock zieht bei seiner Übersetzung alle sprachlichen Register, um die abrupten Wechsel zwischen offiziellem Diplomatenjargon und inoffizieller Phrasendrescherei, zwischen politischem Diskurs, kultureller Prahlerei und alltäglichem Kleinklein aus der
französischsprachigen Vorlage ins Deutsche zu übertragen“, so das lobende Urteil der Preis-Juroren.
Für die Charakterisierung der Figuren habe der deutsche
Übersetzer „jeweils eine angemessene Sprache gefunden, um deren persönliche Entwicklung und situative Verortung lebendig werden zu lassen.“
Seine Übertragung lässt uns nicht nur, wie im Titel angekündigt, hinter die Kulissen der Macht schauen, sie entlarvt den manipulativen Einsatz der Sprache im Tauziehen der Mächtigen, ohne dabei den federleichten und lebendigen Grundton des Originals zu verlieren“, so Dr. Nathalie Mälzer, Übersetzerin und Trägerin der Heyne-Juniorprofessur für Transmediale Übersetzung an der Universität Hildesheim, weiter.
Den besonderen Herausforderungen bei der Übersetzung von
Comics und graphischer Literatur, wie der Wahrung der Text-Bild-Beziehungen und der Intertextualitäten, werde Pröfrock in hervorragender Weise gerecht.
Die bitterböse, hinreißend komische und treffsichere
Polit-Satire über den Chirac-Außenminister Dominique de Villepin (im
Comic-Roman verballhornt als Taillard de Vorms) kam in Frankreich bereits 2010 und 2011 in zwei Bänden auf den Markt, wurde
2013 durch Bertrand Tavernier verfilmt und gilt bereits jetzt als ein herausragendes Beispiel im Genre der Politischen Bildgeschichte.
Im Blickpunkt der Handlung: Die Abgründe der Macht, in
der der Doktorand Arthur Vlaminck als Redenschreiber im Beraterstab des französischen Außenministers Alexandre Taillard de Vorms blickt. Hinter den Türen des Auswärtigen Amts am Pariser Quai d’Orsay eröffnet sich dem jungen Mann eine Welt, in der Politik mit Willkür, cholerischen Wutausbrüchen und Intrigen, Machiavellismus und Niedertracht operiert. Getreu dem Motto Abraham
Lincolns: "Staatskunst ist die kluge Anwendung persönlicher Niedertracht für das Allgemeinwohl."
Auf dem Comicfestival in Angoulême im Jahr 2013 wurde
das Werk als „Bestes Album des Jahres“ mit dem wichtigsten europäischen Comicpreis ausgezeichnet. Mehr noch: Abel Lanzac outete sich – und gab seine wahre Identität als hochrangiger Diplomat und teilnehmender empirischer Beobachter am Epi-Zentrum der Macht preis: Antonin Baudry. Auf Deutsch erschien dieser Meilenstein der neueren frankobelgischen Comic-Geschichte beim Berliner
Reprodukt Verlag. “Ein grandioses Lehrstück in Sachen Diplomatie und einer der frechsten und mutigsten Comics der letzten paar Jahre“, schrieb die „Neue Züricher Zeitung“.
"Du darfst nicht am Wort kleben", betont Uli Pröfrock im Gespräch mit der „Badischen Zeitung“. Er betreibt seit 30 Jahren, seit 1985, die Freiburger Comicbuchhandlung "X für U": Bei Comics müssten Übersetzer freier arbeiten als bei Büchern. Schon die Sprechblasen bereiten Schwierigkeiten. Sie lassen sich nicht dehnen, Schriften sich nicht endlos verkleinern. Der übersetzte Text
muss unterkommen, obwohl Deutsch mehr Raum benötigt als Französisch oder Englisch. "Da muss ich mich oft bewusst vom Original entfernen, heißt es weiter in der Lokalzeitung. Pröfrock verbrachte seine Jugend 1965 bis 1974 in Paris – erlebte mithin den stürmischen Pariser Mai 1968, wurde so zum „native speaker“.
Mit Ulrich Pröfrock wird nun ein erfahrener frankophiler
Comic-Übersetzer ausgezeichnet, der in seiner Rolle wesentlich zur Akzeptanz der Neunten Kunst in Deutschland beigetragen hat – der sich in Sachen Übersetzerei kein X vorm U machen lässt. Seit Anfang der 1990er Jahre überträgt er die Arbeiten von Comiczeichnern wie Lewis Trondheim, Manu Larcenet und Bastien Vivès, aber auch von Emile Bravo, David Prudhomme und Baru, Yves Chaland, David B. aus dem Französischen und von Comickünstlern wie Seth, Posy Simmonds
und Joe Matt aus dem Englischen. Auf dem Münchner Comic-Festival 2015 war er der Simultan-Übersetzer bei der Podiumsrunde mit Clément Oubrerie und Julie Birmant, die da ihren gelungenen Pablo (Picasso)-Comic präsentierten.
Einen Teil des Preisgelds will Pröfrock laut Badischer Zeitung für ein neues Comic-Projekt bei Reprodukt spenden.
Aus: Quai d'Orsay / (c) Dargaud, Christophe Blain & Abel Lanzac
Zudem hat die Jury die Übersetzungsleistung von fünf
weiteren Einreichungen hervorgehoben: Tina Hohls und Heinrich Anders‘ "Jimmy Corrigan – der klügste Junge der Welt (Chris Ware), Jan Dinters "Don Quixote" (in der Comic-Version von Rob Davis), Dirk Schweigers und Daniela Seels "Bohnenwelt" (von Larry Marder), Johanna Wais‘ Meine Tassen im Schrank (von Ellen Forney) und Yvonne Gerstheimers "Billy Bat" (von Naoki Urasawa und Takashi Nagasaki).
Hervorheben möchte die Jury des diesjährigen Christoph
Martin Wieland-Übersetzerpreises diese fünf weitere Übersetzungsleistungen, bei denen die Übersetzenden in hervorragender Weise den unterschiedlichen Herausforderungen bei der Übertragung eines Comics gerecht geworden sind.
Die „überaus akribischen und differenzierten“ Übertragung von Chris Wares graphischer Erzählung „Jimmy Corrigan. Der klügste Junge der Welt“ (auf Deutsch erschienen bei Reprodukt) durch die beiden Übersetzer Heinrich Anders und Tina Hohl haben die Jury ebenfalls laut eigenem Bekunden „sehr beeindruckt“.
Wörtlich heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung des Freundeskreises zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e.V. und der Christoph Martin Wieland-Stiftung.
„Dieses vielschichtige und detailreiche Werk mit
kleinsten Textelementen hat die beiden Übersetzer nicht nur sprachlich, sondern auch hinsichtlich ihres Durchhaltevermögens über die Maßen gefordert“, so der Tenor der Jury. Miguel de Cervantes Klassiker „Don Quixote“ zu übersetzen“, sei, so die Wieland-Juroren, zweifelsohne eine Herausforderung für sich. So sei es Jan Dinter gelungen, die erfrischende Comicadaption des Klassikers von Rob Davis stilsicher ins Deutsche zu heben.
„Dinter findet durchweg den perfekten Ton für die Antihelden dieses
Comicabenteuers, der uns in die Zeit Miguel de Cervantes zurückversetzt und zugleich diesen Klassiker völlig neu entdecken lässt“, hebt Claus Sprick, Übersetzer und Mitbegründer des Europäischen Übersetzerkollegiums, für die Jury hervor.
Der Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis wird seit 1979 alle zwei Jahre für wechselnde literarische Gattungen ausgeschrieben.
Christoph Martin Wieland (1733-1813) war Schriftsteller, Übersetzer, Journalist, Herausgeber und gilt als der Wegbereiter der Weimarer Klassik.
Der Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen und die Christoph Martin Wieland-Stiftung appellieren an die Verlage, Übersetzer und Übersetzerinnen stärker ins Licht der Aufmerksamkeit zu rücken. „Es wird oft vergessen, dass uns viele Werke, auch im Bereich der Neunten Kunst, erst durch
die stille Arbeit der Übersetzenden zugänglich gemacht werden. Bei den Comicverlagen ist die Nennung des Übersetzernamens leider immer noch keine Selbstverständlichkeit. Wir rufen aus diesem Grund die Verlage dazu auf, die Übersetzernamen in den Buchausgaben auf der Titelseite, in Vorschauen, Katalogen und bei der Onlinevermarktung in allen bibliographischen Angaben so zu nennen, wie es urheberrechtlich vorgesehen ist“, so Helga Pfetsch, Präsidentin des Freundeskreises zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e.V. und Kerstin Buchwald, Geschäftsführerin
der Christoph Martin Wieland-Stiftung, in der gemeinsamen Presseerklärung.
Sensation: Niederländisches Gericht entzieht Moulinsart das
Tim und Struppi-Monopol
Dieses Gerichtsurteil könnte ungeahnte Folgen haben und Geschichte schreiben: Ein niederländisches Gericht hat der Zeitung NRC Handelsblad dem bisher allgewaltigen Erbengruppe Moulinsart durch ein spektakuläres Justiz-Urteil das Rechte-Monopol aufs Hergés Coomic-Klassiker „Tintin“
(dt. Tim und Struppi).
Plakat: (c) Baseler Cartoon-Museum/Exem
So verlor Moulinsart mit der Hergé-Witwe Fanny Remy und ihrem zweiten Ehemann an der Spitze einen Rechtsstreit mit der holländischen Tintin-Fangruppe Hergé Gentooschap. So war Moulinsart mit der ihnen eigenen Härte gegen die Fans vor Gericht gezogen, weil diese in einer internen Fan-Zeitschrift namens Duizend Bommen, die nur an Mitglieder ging, auch Abbildungen aus der Feder Hergés veröffentlichte, ohne dafür bei Moulinsart hohe Tantiemen oder Gebühren zu zahlen. Doch, womit niemand gerechnet hatte,
diesmal verlor Moulinsart die Schlacht: Sie hatten die holländischen
Tintin-Fans 2012 bereits auf Schadensersatz und Unterlassung verklagt, da diese Ausschnitte aus Tintin-Bildern Hergés in ihrer Klubzeitschrift abgedruckt hätten. Laut „Le Figaro“ wollte Moulinsart sage und schreibe 32.000 Euro Strafgelder monatlich von den arglosen Tintinophilen. Das Gericht in Haag verwies auf einen von Hergé während der deutschen Besatzungszeit (!) 1942 im
Zweiten Weltkrieg mit seinem Verlag Casterman geschlossenen Kontrakt, der nachweislich nie widerrufen wurde. Daraus geht angeblich hervor, dass Hergé damals sämtliche Nutzerrechte an Casterman abgetreten habe. Dieser Vertrag, so der Anwalt und Verteidiger der Fangruppe, Katelijn van Voorst, vor Gericht, sei nie widerrufen worden –und somit auch noch 2015 gültig. Wenn überhaupt, dann sei Casterman die Instanz, die über
die Nutzung von Bildrechten Hergés zu entscheiden habe – und eben nicht Moulinsart, die Erbengemeinschaft des Altmeisters. Was auch, im Rückblick gesehen, heißt: Hergés Erben von Moulinsart, die auch das sehenswerte Brüsseler Hergé-Museum in Louvain-la-Neuve betreiben, hätten mithin seit Hergés Tod 1983 nie derart auftrumpfen dürfen, wie sie es taten. Besonders der Ehemann der Hergé-Witwe, Nick Rodwell, sorgte mit einem beinharten und brachialen Kurs für Unmut bei zahlreichen Hergé-Fans. Dabei geht es um viel Geld: Es jüngst erzielten
Tintin-Originalseiten in Brüssel und London Spitzenpreise. So erzielte erst vor kurzem das Originalcover des Tintin-Albums "Der rätselhafte Stern" (das im Übrigen genau in jener Zeit erschien, als Hergé offenbar den Vertrag mit Casterman schloß!) sagenhafte 2,5 Millionen Euro.
Zwei große Fragen bleiben: Wer war bloß der lieber anonym bleiben wollende Informant, der den Fans dieses vergessene Sensations-Dokument aus dem Jahre 1942 zuspielte? Und: Könnte das Justizurteil aus den Niederlanden ungeahnte, segensreiche Folge haben? Sollte sich dies alles als hieb- und stichfest erweisen, dann wäre auch das bisher Undenkbare auf einmal denkbar: Dass Casterman das von der Witwe verhängte Verdikt aufheben und es künftig doch noch eine Fortsetzung des Tim und Struppi-Klassikers geben könnte. 1983, nach Hergés Tod, hatte die Witwe dem Chefassistenten Bob de Moor den Wunsch verwehrt, das Tintin-Album „Tim und die Alpha-Kunst“ zu vollenden, bis dieser darüber das Zeitliche segnete.
Bestes dänisches Comic-Debüt: "Lava” von Glenn August (Verlag Fahrenheit)
Bester Kinder-/Jugendcomic: ”Gigant” von Rune Ryberg (Forlæns)
Der beste politisch-journalistische Pressezeichner des Jahres: Lars Andersen (zeichnet für die konservative Tageszeitung "Berlingske Tidende")
Bester Web-Comic des Jahres: ”Cirkus” und ”Livets skyggeside” (Die Schattenseiten des Lebens) von Thomas Nøhr
Beste internationaler Comic: "Here” von Richard McGuire (Pantheon)
Beste auf dänisch übersetzter internationaler Comic: ”Cowboy Henk” von Kamagurka und Herrn Seele (Forlæns)
Ehrenpreis für ein Lebenswerk: posthum an den Interpresse-Comicverleger Arne Stenby
Bester dänischer Comic (Hauptpreis): ”Desertør” von Halfdan Pisket (Fahrenheit)
Foto: (c) Berthold Leibinger Stiftung
Für ihren Band „Madgermanes“ hat die Hamburger
Comic-Künstlerin Birgit Weyhe (Jahrgang 1969) den diesjährigen Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung erhalten. Damit ist sie, die man aus 113 Bewerbungen auserkor, zugleich erste Preisträgerin des erstmals verliehenen deutschen Comicbuchpreises. Mit dem Preis zeichnet die Berthold Leibinger Stiftung jährlich einen hervorragende, unveröffentlichte, deutschsprachige Graphic Novel aus. Mit ihrem dezidierten Literaturpreis, der mit 15.000 EUR dotiert ist
und aufs grafische Erzählen abstellt, will die Berthold Leibinger Stiftung eine Kunst- und Literaturform fördern, die es in Deutschland bislang schwer habe.
Zusätzlich zeigt eine Ausstellung im Literaturhaus die
Arbeit Birgit Weyhes an „Madgermanes“ und zahlreiche weitere Exponate. Die Schau ist als Wanderausstellung konzipiert und wird im Anschluss unter anderem im Literarischen Colloquium Berlin gezeigt.
„In „Madgermanes“ erzählt Birgit Weyhe von den Erfahrungen mosambikanischer Vertragsarbeiter in der DDR der 1980er Jahre.“ Damit drehe die Autorin die übliche Perspektive eines deutschen Blicks auf die Welt um, porträtiere zugleich einen Staat vor dessen Untergang. Die Jury des Comicbuch-Preises wörtlich: „Die durch Gespräche
mit ehemaligen Vertragsarbeitern recherchierten Fakten werden von Birgit Weyhe derart subtil mit Erinnerungsobjekten und allegorischen Motiven angereichert, dass ein Comic im Entstehen ist, der in seiner Bild- und Erzählsprache selbst die Grenzen zwischen afrikanischer und europäischer Kultur überschreitet.“
Birgit Weyhes Comic-Erzählung der anderen Art soll im nächsten Jahr, 2016, im Berliner auf anspruchsvolle Comic-Novellen spezialisierten Avant-Verlag erscheinen.
Die Comicerzählung Die Madgermanes fokussiert auf einen weitgehend
unbekannten Teil deutsch-deutscher Geschichte. So behielt das SED-Regime der damaligen DDR 60 Prozent der Löhne
dieser (Sklaven-)Arbeiter ein, versicherte, dass sie nach der Rückkehr nach Mosambik ausbezahlt würden. Freilich: Das ist bis heute nicht geschehen. Nach der Wende war das Geld verschwunden – Schalk-Golodkowski lässt grüßen. Rund 15.000 Menschen wurden offenkundig um ihren gerechten Lohn betrogen. Allein in Stuttgart leben zur Zeit noch etwa 50 „Madgermanes“. Eine rechtliche Klärung steht noch immer aus.
Die Berthold Leibinger Stiftung engagiert sich auf den
Gebieten Wissenschaft – hier vergibt sie zwei renommierte Laserpreise –, Kultur mit den Schwerpunkten Literatur und Musik sowie Kirche und Soziales. Sie wurde 1992 von Berthold Leibinger gegründet. Die Stiftung ist mittelbar über die Berthold Leibinger Beteiligungen GmbH mit 5% an der TRUMPF GmbH + Co. KG
beteiligt.
Berthold Leibinger Stiftung
Johann-Maus-Str. 2
71254 Ditzingen, Deutschland
www.leibinger-stiftung.de
Brigitte Diefenbacher
Telefon: +49 7156 303-35201
brigitte.diefenbacher@leibinger-stiftung.de
Jetzt mit einem deutschsprachigen Comic bewerben.
Einsendeschluss ist der 1. Juli 2015
Die schärfsten Kritiker der Elche, waren früher selber welche! Hans Traxlers berühmte Zeichnung - nach F.W.Bernsteins nicht minder berühmtem Dictum.
(c) Hans Traxler
Eine lebende Legende der Neuen Frankfurter Schule (NFS) - jener Riege der komischen Kunst, die mit ihrer politischen, aber auch skurrilen Satire für die Satiremagazine "Pardon" und "Titanic" Geschichte schrieb, erhält den diesjährigen Wilhelm Busch-Preis 2015: Hans (Johann Georg) Traxler, Jahrgang 1929, geboren im böhmischen Herrlich zur Welt gekommen, und vermutlich der grafisch eleganteste der "Fantastischen Sechs", erhält diese hohe, mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung am 17. September 2015 in Stadthagen. Traxler ist einer der Mitbegründer der Satirezeitschrift "Pardon" und ebenso des Nachfolgemagazins
Foto: (c) Britta Frenz (Caricatura-Museum Ffm)
"Titanic". Trotz seiner Eleganz in Linienführung und Zeichenstrich, war und ist Traxler von einer enormen Produktivität: Seine Werke sind unzählig, er machte sich als Cartoonist, Kinderbuchautor, Comic-Zeichner, Illustrator und Maler einen Namen. Schon mit 17 Jahren verkaufte er seine erste Karikatur an eine Münchner Illustrierte.
Als Sproß einer österreichischen Familie, verschlug es ihn 1951, vor 64 Jahren, in seine Wahl-Heimat Frankfurt/Main. Zunächst studierte er an der Frankfurter Städelschule Freie Malerei. Dort traf er auf spätere Weggefährten wie Hans A. Nikel (später "Pardon"-Herausgeber) und Zeichnerkollege Chlodwig Poth. Von 1962 an setzte Traxler mit gezeichneter Satire vom Feinsten in "Pardon" Maßstäbe, nicht zuletzt mit seiner heute legendären Märchenforschungspersiflage "Die Wahrheit über Hänsel und Gretel". Mit Texter Peter Knorr schuf er - in Anlehnung an Honore Daumiers Louis Philippe-Karikatur - die Helmut Kohl-Cartoons in Gestalt einer "Birne"... Bis heute, inzwischen 85 Jahre alt, arbeitet der zeichnende Satiriker Hans Traxler fürs "ZEIT"-Magazin, die "Süddeutsche Zeitung" oder die "FAZ". Von seinen unzählichen Cartoon-Bänden erschien zuletzt "Willi - Der Kater, der immer größer wurde" (2014, im Carl Hanser Verlag). Taxler brillierte auch als Illustrator von Literaturklassikern, etwa 2005 seine gelungene Heinrich Heine Cartoon- und Comicadaption "Deutschland ein Wintermärchen" (Reclam).
"Komische Zeichner wie Hans Traxler werden nur alle plusminus 70 Jahre gebacken", wusste schon sein NFS-Kollege Robert Gernhardt.
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Traxler unlängst: "Das Zusammentreffen, das ist Hans Nickel geschuldet, das war der Verleger, Herausgeber, Eigentümer, Chefredakteur von "Pardon". Und der hatte vorher einen kleinen Karikaturendienst, so hat er angefangen. Dann hat er einen Verlag gegründet und 1963 war es soweit, da kam "Pardon" raus, der hatte eine Spürnase, und das führte dazu - F.W: Bernstein gehörte noch dazu und ganz ganz viele andere - die haben sich dann hier getroffen, und viele von ihnen sind auch hier geblieben."
Die "Pardon"-Garde pustete frischen Wind durch die Republik, wie es im Deutschlandfunk treffend hieß: Das Verbinden von Politik mit Humor wirkte wie eine Kulturrevolution...Heribert Prantl, Edelfeder der "Süddeutschen" nannte Hans Traxler einmal einen "freundlich-unerbittlichen Chronisten des alltäglichen Schwachsinns".
Traxler, der auch schon den "Göttinger Elch" und den Deutschen Karikaturenpreis für sein Lebenswerk erhielt, nahm 2014 zudem die Goetheplakette der Stadt Frankfurt entgegen. Die drei Stifter des Preises, die Stiftung Sparkasse Schaumburg, die Schaumburger Landschaft und die Schaumburger Nachrichten möchten nach eigenem Bekunden „diesen großen Vertreter der Neuen Frankfurter Schule und wichtigen Impulsgeber der deutschen Karikaturszene würdigen."
Der Wilhelm-Busch-Preis will die satirische und humoristische Versdichtung würdigen. Dieser Preis soll nach Angaben der Stifter sowohl an den größten Schriftsteller des Schaumburger Landes, den Max-und-Moritz-Schöpfer Wilhelm Busch, erinnern, als auch all diejenigen würdigen, die sich im Geiste Wilhelm Buschs um das humoristische Schreiben und die satirische Sprachkunst Verdienste erworben haben.
Zu den Jury-Mitgliedern für den Wilhelm-Busch-Preis gehören u.a. Dr. Gisela Vetter-Liebenow, Direktorin des Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover, Professor Hans-Olaf Bögner, Geschäftsführer der Sparkassen Stiftung Kultur, und Professor Dietrich Grünewald, der langjährige frühere Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Comicforschung.
1997 feierte der Wilhelm-Busch-Preis seine Premiere. Gestiftet von der „Schaumburger Landschaft“, der Stiftung der Sparkasse Schaumburg und den „Schaumburger Nachrichten“ will dieser mit 10.000 Euro dotierte Preis die Zeichner würdigen, die im Geiste Wilhelm Buschs in ihrem Werk die satirische und humoristische Versdichtung kongenial mit großem zeichnerischen Können verbinden.
Bisherige Preisträger waren unter anderem Vicco von Bülow, Ernst Kahl und Franziska Becker.
Das in Deutschland einzigartige Caricatura-Museum für Komische Kunst in Frankfurt präsentiert immer wieder in einer Dauerausstellung zu Ehren der Neuen Frankfurter Schule ausgewählte Werke Hans Traxlers. Die bronzene Elchplastik vorm Frankfurter Caricatura-Museum ist ein Traxler-Kunstwerk. Es erinnert an Traxler wahrscheinlich bekannteste, F. W. Bernsteins meisterhaften Zwei-Zeiler illustrierende Zeichnung: "Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche!". Am 21.Mai begeht er, Traxler, einer der wohl begabtesten und besten der "Elche" sein 86. Wiegenfest.
KMF
Europas führendes Comic-Festival, das südwestfranzösische Cannes der Comics, Angoulême, hat den renommierten Grand Prix der Stadt - Europas Comic-Oskar - an den japanischen Altmeister der Mangas, Katsuhiro Otomo, verliehen. Der am 14. April 1954 geborene, 60jährige Starzeichner, -Autor, Filmemacher und Regisseur Otomo schuf mit seinem Manga-Comicepos "Akira" (1982-1990; dt. 1991-96 bei Carlsen) einen Meilenstein der Comic-Geschichte.
(c) Bill Watterson/Festival International de la B.D. Angoulême
Eine postatomare No Future- und Jugendbanden-Saga im Tokyo des Jahres
2019. "Akira" gilt als der Wegbereiter der Manga-Welle in Europa - 1989, vor genau 26 Jahren, sorgte diese filmisch rasant inszenierte Mangaserie in Angoulême in Comic- und
Zeichentrickfilm-Form für Furore. Damit geht Belgiens Altmeister Hermann (Huppen, 77) erneut leer aus. Und dies, obwohl Hermanns Würdigung überfällig gewesen wäre. Eine gute, mutige Entscheidung
hingegen der Jury in Sachen Grand Prix Spezial: Der geht zu Recht an die lebenden und ermordeten Macherinnen und Macher des Satireblatts "CHARLIE HEBDO". Mit den beiden Entscheidungen setzt
Europas wichtigstes Comic-Festival ein doppeltes Zeichen für die kosmopolitische, liberale und tolerante Demokratie
Erhielt den Grand Prix 2015 von Angoulême: Der japanische Manga-Comicstar Katsuhiro Otomo Foto: (c) Festival
International de la Bande Dessinée
(c) Bill Watterson/ Festival International de la Bande Dessinée d'Angoulême
PARIS.Der in Angoulême preisgekrönte Comic-Satiriker und Charlie Hebdo-Mitarbeiter Willem (Jahrgang 1941) verdankt seiner Abneigung gegen Redaktionssitzungen sein Leben: Weil er die haßt, hatte Willem auch nicht an der Charlie Hebdo-Redaktionssitzung des 7. Januar 2015 teilgenommen, als der Mordanschlag verübt wurde.
In Bezug auf die Vorsitzende des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, fügte der 73-jährige Comic-Künstler hinzu, diese zeige sich doch stets "entzückt, wenn Islamisten irgendwo herumschießen".
Laut Agenturmeldungen will nun sogar kein Geringerer als Asterix-Zeichner Albert Uderzo für "Charlie Hebdo" zeichnen.
Die "Ausgabe der Überlebenden", die am kommenden Mittwoch von Charlie Hebdo erscheinen soll, kommt außer in Frankreich auch in mehreren weiteren Ländern heraus - in Spanien und der Schweiz, möglicherweise auch in Kanada. Statt der üblichen 60.000 Exemplare, liegt die Druckauflage diesmal bei einer Million Exemplaren.
Der Verlagschef des Magazins, Gérard Biard, kündigte an, dass die Ausgabe Zeichnungen der gesamten Redaktion, einschließlich der vier ermordeten Zeichner, enthalten werde.
Das neue Heft erscheint mit Unterstützung anderer Zeitungen und TV-Sender - darunter neben Libération, Le Monde, Canal Plus auch die liberale englische Tageszeitung "The Guardian" - sowie der Pressevertreiber. "Charlie Hebdo" litt bereits vor dem Massaker unter schweren finanziellen Problemen. Auch die französische Regierung will das Satire-Magazin mit einer Million Euro unterstützen, damit es weiter erscheinen kann.
Die Pariser Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, will unterdessen "Charlie Hebdo" die Ehrenbürger-Würde der Stadt verleihen. "Mit der Entscheidung, sie an 'Charlie Hebdo' zu verleihen, zollt Paris, unsere Stadt, einer heroischen Zeitung den Respekt, der Helden gebührt", wird Hidalgo zitiert.
Cover: (c) Charlie Hebdo 2015
PARIS. Dieser Mittwoch, der 7. Januar 2015, wird in die
Geschichte Frankreichs als ein Alptraum eingehen: Drei vermummte Männer, bis
auf die Zähne schwer bewaffnete Männer haben die Redaktion des legendären französischen Satireblatts „Charlie Hebdo“ in Paris gegen 11.30 Uhr gewaltsam gestürmt. Die drei maskierten Täter drangen mit einer Kalaschnikow in die Räume der renommierten, für ihre radikale
Kritik an allen (!) Religionen berühmte Zeitschrift ein, riefen “Allahu Akbar” und
begannen offenbar eine regelrechte brutale Hinrichtung, in dem sie die Namen
ihre Opfer riefen. Zu diesem Zeitpunkt tagte die Redaktion von Charlie Hebdo.
Tenor eines Überlebenden: "Die haben regelrecht nahezu die ganze Redaktion hingerichtet."
Während der Tat sollen sie Parolen wie Allah Akbar („Allah ist groß“) und On a vengé
le prophète Mohamed ! („Wir haben den Propheten Mohammed gerächt“) gerufen haben.Zwölf Menschen wurden brutal ermordet, darunter zwei Polizisten. 20 Menschen wurden – zum Teil: schwer – verletzt.
Die Täter befanden sich bis Redaktionsschluss auf der Flucht. Präsident Hollande hat eilends eine Krisensitzung einberufen. Zu den Opfern gehören nicht nur in Frankreich bekannte Charlie
Hebdo-Chefredakteur und Zeichner Stéphane Charbonnier, genannt Charb (47). Charbonnier hatte das Magazin seit sechs Jahren, seit 2009, geleitet und dabei mit seiner mutigen
Haltung aufrechten Gang und Zivilcourage bewiesen. Selbst nach dem verheerenden Anschlag auf die Redaktionsräume „Charlie Hebdos“ von 2011, bei der es keine Opfer gab, aber erheblichen, geradezu
verheerenden Sachschaden, blieb er unbeirrt. Charbonnier damals: "Ich habe keine Angst vor Repressalien. Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keine Schulden. Das klingt jetzt sicherlich
ein bisschen schwülstig, aber ich sterbe lieberaufrecht, als auf Knien zu leben." Noch kurz vor seiner Ermordung schrieb der Chefredakteur Charbonnier dieser Tage: "Noch immer kein Attentat in
Frankreich!" Und er schrieb, im Rückblick makaber: "Na, warten wir's ab, bis Ende Januar kann man sich was wünschen."
Der Mordanschlag traf auch zwei große alte Männer der frankobelgischen Bande Dessinée (auch wenn deutschsprachige Medien auf diesen Aspekt überhaupt nicht eingingen): Unter den Opfern sind auch zwei der bedeutendsten französischen Comic-Satiriker, die beide schon zu Lebzeiten
Frankreichs Satire-Gewissen der Nation: Cabu
(c) Foto: Charlie Hebdo
Legenden und ein regelrechter Mythos waren: Georges Wolinski (auch in Deutschland veröffentlicht und enger Weggefährte des nicht minder frivol anzüglichen Jean-Marc Reiser) und der bei uns kaum bekannte, aber in Frankreich eine nationale Saitire-Institution darstellende Cabu alias Jean Cabut sind unter den Mordopfern. Um zu verstehen, WER da eigentlich feige ermordet wurde, muss man sich klarmachen, dass diese beiden erstklassigen Comic-Künstler in Frankreich ein ähnliches Ansehen genießen wie Loriot oder F. K. Waechter oder Chlodwig Poth. Von der Bedeutung für die Satire, muss man Wolinski und Cabu mit der Klasse eines Dieter Hildebrandt vergleichen. Zumal in Frankreich Bild-Künstler, Comic-Zeichner, Karikaturisten, Cartoonisten ohnehin ein hohes Ansehen genießen – und politische Satire als Teil der demokratischen Kontrolle der Mächtigen (egal welcher Couleur) gesehen werden.
Insofern die krude und oberflächliche deutsche Fernsehberichterstattung in den Sendungen von ARD und ZDF irritierend schlecht und schludrig recherchiert: Bei den Mordopfern handelte es sich eben nicht um „Journalisten“, wie ununterbrochen auf beide Kanälen im Plural behauptet wurde, sondern weit überwiegend (!) um renommierte politische Comic-Künstler, Cartoonisten und Karikaturisten – ganz in der langjährigen Tradition der politischen Bildgeschichte Frankreichs seit den Zeiten eines Honoré Daumier, seit der Ära der großen Satirezeitschriften „La Caricature“, „Le Rire“ oder „Charivari“.
Cabu alias Jean Cabut wurde am 13. Januar 1938 in Paris geboren und gehörte seit den frühen 1970er Jahren zu den namhaftesten politischen Comic-Zeichnern seines Landes. Er veröffentlichte zahlreiche politisch-satirische Comic-Alben bei seinen bei den Hausverlagen Dargaud und Albin Michel, darunter seine mehrere Alben umfassende Satire-Serie „Le Grande Duduche“, die erstmals 1972 als Album erschien. Der 68er Cabut war DER politische Seismograph Frankreichs, er zog die politischen Eliten – von de Gaulle über Pompidou, von Mitterand über Chirac bis Sarkozy und Francois Hollande – herrrlich durch den Kakao.
Cabu war seit 1970, seit 45 Jahren ständiger Mitarbeiter des Satireblatts Charlie Hebdo - fast ein halbes Jahrhundert lang. Er gehörte zum Inventar der Zeitschrift, mehr noch: Zum kollektiven satirischen Gedächtnis der Nation. Zuvor hatte Cabu auch für die nicht minder legendäre Satirezeitschrift “Hara-Kiri“ (zusammen mit dem ebenfalls am 7. Januar 2015 ermordeten Georges Wolinski, aber z.B. auch der junge Jean Giraud alias Moebius) gearbeitet und für „Pilote“.
Cabu wurde im Zuge der 1970er Jahre immer politischer
und zählte sich fraglos zur politischen Linken, wie der konservative “Le Figaro” bemerkt.
Zahlreiche Buch- und Albencover stammen aus Cabus Feder:Er arbeitete zudem fürs Fernsehen, fertigte Jazz-Plattencover. Zuletzt zeigten das Pariser Rathaus 2006-2007 und die Buchhandlung Goscinny (2008-2009) Werkausstellungen Cabus. Im Oktober 2014 erschien Cabus „L'Intégrale beauf“ beim Verlag Michel Lafon. Bereits 1998 war ebendort die Comic-Anthologie „ Mai 68“ erschienen, die neben Cabu auch die Kollegen Wolinski, Cavanna, Siné und Gébé präsentierte. Cabu wurde am 7. Januar 2015 brutal, im Alter von 76 Jahren, ermordet.
Georges Wolinski, der ebenfalls brutal am 7. Januar 2015 im Alter von 80 Jahren ermordet wurde, sah das Licht der Welt am 28. Juni 1934 in Tunis (Tunesien) und war 2014 80 Jahre alt geworden. Wolinski war Sohn eines polnischen Juden und eineritalienischen Katholikin. Seit 1946 lebte die Familie in der Wahl-Heimat Frankreich. Er studierte zunächst Architektur, schlug dann aber die Laufbahn eines Comic-Zeichners und politischen Karikaturisten ein. Wolinski gehörte wie sein ermordeter Kollege Cabu zu den absolut herausragenden Vertretern der scharfen politischen Comic-Satire Frankreichs.
Begnadeter Comic-Satiriker, (selbst erklärter) Erotomane und wie Cabu schon zu Lebzeiten ein Mythos: Georges Wolinski / Foto: (c) Salon du Livre Paris
Begonnen hatte seine Karriere bereits 1960, vor 55 Jahren (!), fürs legendäre Satireblatt „Hara-Kiri“. In der Blütezeit der legendären Comic-Zeitschrift „Pilote“ war es kein Geringerer als Jean-Marc Reiser (1941-1983), der für Kollegen wie eben jenen Wolinski, aber auch Cabu, Mandryka, Marcel Gotlib (der später in seiner eigenen Hauspostille "Fluide Glacial" die Satire auf die Spitze trieb) und Alexis die Texte schrieb.
Von 1970 bis 1981 war Wolinski obendrein langjähriger Chefredakteur eben jenes Blattes, für das er mit dem Leben bezahlte: Charlie Hebdo.
Er galt, wie die Berliner "Jüdische Allgemeine" treffend schreibt, ähnlich wie Cabu, ein lebender Mythos und als solcher einer der produktivsten zeitgenössischen Karikaturisten Frankreichs.
Zwischen 1970 und 1981 war er Chefredakteur von »Charlie Hebdo«. Dank seines Engagements zog „Charlie Hebdo“ namhafte Comic-Serien an Land, darunter US-Zeitungscomic-Klassiker wie „Krazy Kat“ und „Popeye“, Chester Goulds Dick Tracy, Al Capps „L’il Abner“ und Charles M. Schulz‘ „Peanuts“, aber auch die Arbeiten Guido Bruzellis und des Argentiniers José Munoz, des italienischen Erotomanen Guido Crepax, sowie Benito Jacovitti. Wolinski arbeitete für zahlreiche Medien wie die kommunistische Tageszeitung L’Humanité, aber auch für den "France Soir", "Paris-Match", Télerama" und eben fürs Satiremagazin Charlie Hebdo.
Zu seinen Polit-Comics gehörte die Serie „Monsieur“,mit der er die politischen Verhältnisse in Frankreich aufs Korn nahm. Seit den 1970er und 80er Jahren ironisierte Wolinski in über 30 Alben die gescheiterten Illusionen der 68er Bewegung. Er war selbst einer der ihren. Internationale Berühmtheit erlangte Georges Wolinski als Texter des Erotikcomics „Paulette“,gezeichnet von Georges Pichard. Von da an war er der Nestor der Wollust in Comicform. 2005 erhielt Wolinski den begehrten Grand Prix des wichtigsten französischen, zugleich bedeutendsten europäischen Comic-Festivals zu Angoulême.
Er war neben seinem Weggefährten Jean-Marc Reiser zweifelsohne eine
umstrittener „Sexmaniac“, ein Erotomane aus Passion, dessen nicht selten derbe und deftige Sex-Satiren kein Blatt vor den Mund nahmen… und er war wie Reiser ein Meister des skizzenhaft-rotzigen
Zeichenstils. Wolinski lebte seine sexuellen Obsessionen derart ungezügelt aus, dass selbst seine eigene Ehefrau anmerkte, er verhalte sich „frauenfeindlich“ und sei ein "Chauvi". Im Grunde
seiner Herzens war er wohl ein Radikal-Libertärer Freigeist. Erst jüngst brachte ARTE TV ein sehenswertes Porträt: Darin besuchte Wolinski seinen Freund, den nicht minder herausragenden
italienischen Erotikcomic-Star Milo Manara..
1982 war Wolinski auch kurzzeitig Chefredakteur des Comicmagazins „L’Echo des Savanes“, jenes Magazins, das den deutschen Comic-Zeichner Matthias Schultheiß veröffentlichte.
Wolinski schrieb auch zwei Theaterstücke – nämlich "Je ne pense qu’à ça", „Je ne veut pas mourir idiot“ (dt. "Ich will nicht sterben Idiot") 1968
und „Le Roi des Cons“ (1975, dt. Der König der Schweine). Er tummelte sich auch im Filmmetier ("Aldo et Junior"), dito als Schriftsteller
("Lettre ouverte à ma femme").
1989 erschienen seine Erinnerungen bei L’Echo desSavanes.
Wolinski arbeitete auch für Zeitungen wie die linksliberale »Libération« oder das politische Nachrichtenmagazin »Le Nouvel Obsérvateur« (Letzteres war auch Hauspostille von Claire Bretèchers "Die Frustrierten"). Sich selbst nannte er einmal, ein wenig zu bescheiden, einen »Chronisten des aktuellen Geschehens«. Er wolle einfach gute Zeichnungen machen, die Leute zum Lachen zu bringen, so sein Credo.
Als in die Kugeln seiner Mörder trafen, an jenem 7. Januar 2015, war Wolinski 80 Jahre alt.
Ebenfalls ermordet wurde am 7. Januar 2015 die beiden Charlie Hebdo-Zeichner
Tignous, alias Bernard Verlhac und Philippe Honoré
und der einzige echte Journalist Bernard Maris, Mitinhaber des Blatts.
Nachdem das Satireblatt "Charlie Hebdo" zunächst die Mohammed-Karikaturen der rechtskonservativen, nicht selten rechtspopulistischen, auch schon VOR dem Hype um die "Mohammed-Karikaturen" konsequent islamophoben dänischen "Jyllands Posten" 2006 nachgedruckt und seine Verkaufszahlen damit verdreifacht hatte, damit aber wohl auch endgültig ins Fadenkreuz islamistischer Fanatiker geriet, kam im November 2011 eine Sondernummer mit dem Titel "Charia Hebdo" auf den Markt. Am Vorabend der Auslieferung wurde der Redaktionssitz Ziel eines Brandanschlags.
Auf dem Titel der aktuellen Ausgabe der Charlie Hebdo wird das neue Buch „Submission (dt. “Unterwerfung”) des umstrittenen französischen Autors und Agent Provocateurs Michel Houellebecq vorgestellt. In dem Buch beschäftigt sich der Autor mit der Fiktion einer Islamisierung Frankreichs unter einem muslimischen Präsidenten 2022, damit kräftig Wasser auf die Mühlen der rechtsextremen und rassistischen Front National und Marine LePen gießend.
Die lange Tradition der politischen Satire-Zeitschriften setzte in Frankreich schon vor 150 Jahren europaweit Maßstäbe: Zu nennen sind in erster Linie „La
(c) Cover: Albin Michel
Caricature“ (1830 – 1843) und „Le Charivari“ (1832-1937) oder das „Journal amusant“ (1856-1933). Stilprägend waren später Satireblätter wie „Le Rire“(1894-1950er) und „Hara-Kiri“ (1960-85), „Le Canard Enchainé“ (seit 1915 – und damit Europas einzige reguläre Satire-Zeitung) und Hara-Kiri Hebdo“ (ab 1969), aus der sich später eben „Charlie Hebdo“ herauskristallisierte.
Charlie Hebdo ging 1969 aus dem verbotenen Anarchomagazin Hara-Kiri hervor, das von 1960 an monatlich erschienen war und zeitweilig verboten wurde. Nachdem 1970 auch die parallel erscheinende wöchentliche Ausgabe L’hebdo Hara-Kiri Opfer eines staatlich reglementierten Verbots wurde, gründeten die ursprünglichen Mitarbeiter von Hara-Kiri im gleichen Jahr das Wochenmagazin Charlie Hebdo. Mit von der Partie: Cabu und Wolinski. Der Name des Journals versteht sich als eine Reverenz an Charles M. Schulz‘ Antihelden in der Serie „Peanuts“, Charlie Brown, „Hebdo“ ist die Kurzform für „Hebdomadaire“ (dt. Wochenzeitschrift).
„Charlie Hebdo“ wurde 1981 nach dem Erscheinen der Nummer 580 eingestellt. 1992 erlebte das Satireblatt Charlie Hebdo seine Wiederauferstehung: Seitdem galt die Satirezeitschrift längst – neben Le Canard enchaîné – bis zum 7. Januar 2015 als bedeutendste Satirepublikation Frankreichs. Das Credo Charlie Hebdos war von Beginn an ein scharfer, dezidierter Antiklerikalismus und libertärer, radikalliberaler Laizismus – gegenüber jedweder Religion. So bekamen nicht nur Muslime, sondern auch Christen (insbesondere Katholiken und der Papst) und Juden hier regelmäßig ihr Fettweg. Nichts war Charlie Hebdo schon aus Prinzip heilig.
Am 2. Januar 2013 erschien in Charlie Hebdo denn auch folgerichtig eine Comic-Biographie des Propheten Mohammeds (La Vie De Mahomet).
Trotz des blutigen Anschlags mit zwölf Toten soll die französische Satirezeitung "Charlie Hebdo" weiter erscheinen. "Wir werden weitermachen", so der "Charlie Hebdo"-Kolumnist und Autor Patrick Pelloux laut Nachrichtenagentur AFP. SPIEGEL Online zufolge war Pelloux als einer der ersten vor Ort, um als Notarzt erste Hilfe zu leisten. Man habe sich entschieden, "kommende Woche eine Ausgabe herauszugeben. Wir sind alle einverstanden." So würden die überlebenden Charlie Hebdo-Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten, da die Redaktionsräume wegen der laufenden Ermittlungen nicht genutzt werden könnten. "Wir werden zurechtkommen", so Pelloux.
Der brutale Pariser Anschlag vom 7. Januar 2015 war ein menschenverachtender Akt der Barbarei – ein Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit, letztlich ein Angriff auf unser aller liberale Demokratie.
Die Comicoskop-Redaktion verneigt sich vor den Opfern und ihren Angehörigen: NOUS SOMMES CHARLIE AUSSI!
KMF
Kaum ist das 80jährige Donald Duck-Jubiläum in 2014 vorüber, folgt zumindest hierzulande der nächste donaldistische Jahrestag.
Mit Heft Nr. 332 ist es soweit: Eine der ältesten noch am bundesdeutschen Comic-Markt befindlichen Comic-Zeitschriften für Kinder und Jugendliche (und Junggebliebene!) feiert ihr 50. Bestehen - im Juli 1965
(c) Egmont Ehapa Media / Walt Disney Productions
erschien die Erstausgabe des Comichefts "Die tollsten Geschichte von Donald
Duck". Damit holte die Bundesrepublik D(West-)Deutschland spät genug nach, was damals in andern Ländern längst usus war: Dass die berühmteste Comic-Ente der Welt den Titelhelden
markierte und eben nicht die nicht minder bekannte Micky Maus. Vorbild der zunächst bis 1989/90 westdeutschen, seitdem gesamtdeutschen Comic-Zeitschrift: Die US-Comicreihe "The Best of Donald
Duck and Uncle Scrooge".In der Erstausgabe von 1965 - Nachdruck des US-Originals bei Gold Key -
erschienen denn auch die beiden Carl Barks-Geschichten "Das Gespenst von Duckenburgh" und
"Donald Duck und der goldene Helm " mitsamt einem nagelneuen Barks-Cover. Später druckte das Magazin zahlreiche Donald Duck-Episoden aus der Feder des Altmeisters Carl Barks nach. Sodann folgte
die Veröffentlichung bis dahin ungehobener Schätze des Künstlers. Star-Übersetzerin Dr. Erika Fuchs überarbeitete zudem viele ihrer Eindeutschungen eigens für DDSH, TGDD, TGDDSH oder DTGDD, wie die Kürzel unter Kennern lauten.
Was die Zeitschrift für "Donaldisten" zum absoluten Muss machte: Etliche deutsche Erstveröffentlichungen, aber nicht zuletzt auch Nachdrucke der Klassiker aus der Feder nicht nur eines Carl Barks, sondern
auch eines Al Taliaferro. Seit 2002 erscheint das in der Regel 68seitige Heft im monatlichen Erscheinungsturnus.
Zum 5. Januar 2015 startet die Egmont Ehapa Media - Stammsitz ist seit fünf Jahrzehnten das Kopenhagener Verlagshaus der Egmont-Gruppe - einen Reigen von insgesamt zwölf Jubiläumsausgaben. So teilt der Verlag mit, dass in jeder der zwölf Jubiläumsnummern ein Künstler zu finden sein wird, der den "tollsten Geschichten von Donald Duck" seinen Stempel aufgedrückt hat: Etwa die Disney-Legende Carl Barks, aber auch der Chilene Vicar unde der Finne Kari Korhonen. Die erste Ausgabe zum 50. präsentiert Kurzgeschichten u.a. von Al Hubbard (Zeichnungen) und Dick Kinney (Text), die von Erika Fuchs eingedeutschten Carl Barks-Stories "Armoured Rescue" (Gerüstet, von 1952), aber auch "Swimming Swindlers" (Eine gute Lehre; von 1946). Auch der niederländische Star-"Donald"-Zeichner Daan Jippes ist mit gleich zwei Geschichten um den Comic-Erpel vertreten. Im redaktionellen Teil informiert die Leiterin des künftigen Erika-Fuchs-Museums, Dr. Alexandra Hentschel zum einen über die legendäre deutsche Disney-Übersetzerin Dr.Erika Fuchs, die 2016 ihren 110.Geburtstag begeht, zum anderen auch über das im Frühjahr 2015 zur Eröffnung anstehende Erika-Fuchs-Haus. Mehr noch: Disney-Kenner Wolfgang J. Fuchs schreibt seine seit 1990 erscheinende Entenhausener Geschichte mit einem faktenreichen Beitrag über die "Ausnahmeerscheinung", also die Anfänge des Donald Duck Sonderhefts fort. Die Jubiläums-Erstausgabe ist mit 116 Seiten um 50 erweitert und kostet 3,95 Euro.
Cover: (c) Egmont Ehapa Media / Disney Comics 2015
Vor genau 50 Jahren: Die legendäre Errstausgabe der "Tollsten Geschichten von Donald Duck": Das Sonderheft I von 1965.
(c) Disney / Egmont Ehapa Media