Grünewalds Theorie des „Prinzips Bildgeschichte“ hat bis heute nichts an Aktualität und Wirkungskraft eingebüßt und reiht ihn auch in die führende
Riege der internationalen Comicforscher-Szene ein. Sie fußt wesentlich auf dem dereinst vom Schweizer Bilderromancier Rodolphe Töpffer formulierten Theorie der Bildergeschichte: So schrieb dieser
bereits 1845 in seinem „Essai de Physiognomie“: „Man kann in Kapiteln, in Reihen, in Worten Geschichten schreiben. Das ist Literatur im eigentlichen Sinne. Man kann auch in einer Folge grafischer
Darstellungen Geschichten erzählen: Das ist Literatur im Bilde. (...) Die Zeichnungen hätten ohne den Text nur eine unklare Bedeutung; die Texte ohne Zeichnungen bedeuten
nichts."
Er gehörte bereits in den frühen 1980er Jahren zu jenen, die eine ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Comic, insbesondere mit
dem Kinder- und Jugendcomic versuchten. Zeugnis davon ab legen Comic-Sekundärwerke wie das Buch „Comics – Kitsch oder Kunst? Die Bildgeschichte in Analyse und Unterricht“ (Ein
Handbuch zur Comic-Didaktik, erschienen 1982 im Beltz Verlag). Schon damals, vor 35 Jahren, legte Grünewald ein vehementes Plädoyer fürs Prinzip Bildgeschichte ab – verbunden mit der Forderung
nach qualitativen Comics in Form und Inhalt. Grünewald damals wörtlich: „Comicheft, Comicstrip und Bilderbogen, Bilderbuch oder Bilderroman à la Töpffer oder Busch sind nicht dasselbe, weder
inhaltlich noch formal. Aber alle diese Formen sind Erscheinungsweisen eines Erzählprinzips: der Bildgeschichte. Neben Textliteratur und Bildender Kunst, neben Theater und Film ist die
Bildgeschichte eine eigenständige Kunst mit spezifischen Darstellungsweisen und spezifischer Wirkung, aber den verschiedensten
Erscheinungsformen und Medien.“
Auch sein bereits 1984 erschienene Buch „Wie Kinder Comics lesen. Eine Untersuchung zum Prinzip Bildgeschichte, seinen Rezeptionsanforderungen sowie dem diesbezüglichen Lesevermögen und Leseinteresse von Kindern. Jugend und Medien Bd. 7“ zeigt, wie früh Dietrich Grünewald Comicforschung betrieb. Zu einer Zeit, als dies – anders als heute – alles andere als en vogue war.
Kinder und deren Comicrezeption, aber auch die Inhalte von Kindercomics beschäftigten ihn, den Bildgeschichten-Forscher aus Passion, von Beginn an –
bereits 1979 schrieb Grünewald eine mehrteilige Bestandsaufnahme über Kinder im Comic fürs Fachmagazin „Comixene“.
Dabei verstand er es stets, komplexe Inhalte in einer angenehm eleganten, allgemeinverständlichen Wissenschaftsprosa zu präsentieren. Soziologenchinesisch ist seine Sache nicht, konkret am Beispiel zeigen, was einen Comic ausmacht, ist ihm ein Herzensanliegen.
So ist es kein Wunder, dass er etwa übers Thema Geld im Comic schreibt, über Peyos Finanz-Schlumpf ebenso wie über den wohl bekanntesten, dieses Jahr ebenfalls 70jähriges feiernden Geizhals und Super-Kapitalisten der Comic-Geschichte, Onkel Dagobert aus der Feder von Carl Barks.
Seine Forschungsschwerpunkte lauten seit jeher: Bildgeschichte/ Comic – Geschichte, Theorie, Analyse, Vermittlung und Karikatur/ Visuelle Satire…
Grünewalds Interesse gilt nicht zuletzt der verschütteten deutschen Frühgeschichte des Comics und deren Bildgeschichten-Vorläufer: „Die Bildgeschichte hat in Deutschland eine lange kulturelle Tradition. So kann als ein früher Bildroman die um 1220 entstandene Bildgeschichte zum Eneas-Roman des Heinrich von Veldeke in der "Berliner Handschrift" angesehen werden, deren Akteure in Spruchbändern miteinander kommunizieren. Von Albrecht Dürer, Max Klinger und Käthe Kollwitz über Johann Heinrich Ramberg, Lothar Meggendorfer und Wilhelm Busch bis hin zu Erich Ohser und Ralf König zieht sich ein vielfältiges und reiches Œuvre an Bildgeschichten durch die deutsche Kultur“, schreibt er in einem seiner zahlreichen Aufsätze über Comics.
Es ging und geht Grünewald stets um die allgemeinen Grundlagen des Prinzips Bildgeschichte, seine Leistungs- und Wirkungsmöglichkeiten, Ansätze seiner Theorie, Möglichkeiten seiner Analyse und Wertung. Mit seiner Theorie platzierte sich der langjährige Koblenzer Professor und Pionier des Prinzips Bildgeschichte mitten zwischen den Stühlen: Zwischen jenen Apologeten, die Comic vor allem als grafische Kunstform sahen, und jenen, die vor allem das Literarische Element hervorhoben. Sein Credo: „Comic ist eine Erscheinungsweise der Bildgeschichte. Somit ist nicht das Einzelbild, sondern die Bildfolge Aussageträger. Bildgeschichte ist „Bildliteratur“, weder mit dem Instrumentarium der Kunstwissenschaft voll zu erschließen und zu werten, noch mit dem der Literaturwissenschaft. (...) Die Bildgeschichte als Erzählprinzip in ihren verschiedenen Formen lässt sich nicht der Bildenden Kunst oder der Literatur subsumieren, sondern ist eigenständig. (...) Die Bildgeschichte ist eine Art grafisches Theater, eine Art Film zum Lesen (...). “ Bereits 1979 hatte Grünewald den Band „Karikatur im Unterricht“ veröffentlicht, was den Facettenreichtum seines Forschungsinteresses dokumentiert: Das Spektrum umfasst alle Erscheinungsformen des Prinzips Bildgeschichte – eben nicht nur Comic, sondern auch Karikatur und Cartoon (Mafalda) – bis hin zum Papiertheater.
Nicht umsonst (2007) erschien aus seiner Feder der Aufsatz „Theater auf Papier - Anmerkungen zum Verhältnis von Bildgeschichte und Theater“.
1984 erschien sein noch immer lesenswertes Buch „Wie Kinder Comics lesen“ – das sich als Beitrag zur Rezeptionsforschung rund ums Prinzip
Bildgeschichte bei Kindern und Jugendlichen verstand und insbesondere auf deren Lesevermögen und Leseinteresse fokussierte. So zeigte die Rezeptionsanalyse bei 499 Grundschülerinnen und –schülern
im Alter von durchschnittlich neun Jahren, dass die Kinder die Wort- und Bildinformation „als synthetische Einheit“ erfassten und rezipierten. Es gehe, so Grünewald weiter, darum, die Chancen und
Möglichkeiten des Prinzips Bildgeschichte zu erweitern und zu nutzen, auch und gerade im Schulunterricht. „Die Grundlagen für die Comic-Rezeption, das heißt, den Umgang mit Comics speziell, mit
Bildgeschichten allgemein, werden in der Regel früh gelegt – nämlich in der ersten Comic-Erfahrung der Kinder.“
1991 erschien in Erstauflage das lesenswerte, fundierte Bändchen „Vom Umgang mit...Comics“ im Volk und Wissen Verlag Berlin, eine 2., durchgesehene Auflage folgte 1996: Darin vertiefte und wiederholte Grünewald sein Credo von der Notwendigkeit, „bewusst mit Comics umzugehen“. Auch hier warb er für den Begriff des „Prinzips Bildgeschichte“ als übergeordneter Klammer – ein Begriff, „der allgemein das Erzählen in Bildern meint.“ Nicht Verfemung und Verfolgung, Reglementierung oder Zensur sind Grünewald zufolge probate Mittel im Umgang mit Comics, sondern notwendig sei „der kompetente Leser, der selbst fähig und bereit ist, kritisch mit Comics umzugehen, der sensibel für ihre Qualitäten, für Experimente, offen für Ungewohntes ist und – vergleichend – werten und urteilen kann. Auch Comic-Lesen will gelernt sein.“ Das System von Angebot und Nachfrage bestimme auch den Comic-Markt. Je kritischer, je anspruchsvoller das Publikum ist, desto vielfältiger, desto qualitätsvoller werde auch das Angebot sein. Grünewalds konkrete Utopie: „Kompetenz schließt das Wissen um die Erzählmöglichkeiten des Prinzips Bildgeschichte ein, ihre ‚Sprache’, ihren Herstellungsprozess, ihre Vielfalt.“ Erst die Kenntnis vieler unterschiedlicher Beispiele ermögliche es, über den Vergleich allmählich auch kritisch wertende Kompetenz auszubilden, den eigenen Anspruch zu steigern, auf Qualität zu achten. Und: „Der ‚kompetente’ Leser ist ein ‚Lernprodukt’, und dieses Lernen beginnt mit den ersten Bildgeschichten. So ist es sinnvoll und legitim, Kinder im Umgang mit Bildgeschichten zu unterstützen, ihnen ein breites, vielfältiges Angebot zugänglich zu machen, mit ihnen gemeinsam zu lesen und über die Lektüre zu sprechen, ihnen Möglichkeiten des spielerischen Umgangs, die Verknüpfung von Rezeption und eigener ästhetischer Praxis zu eröffnen.“
Der Band „Comics“, erschienen in der Reihe „Grundlagen der Medienkommunikation“, 2000 beim Tübinger Verlag Niemeyer, schlägt in die
gleiche Kerbe, entwickelt den Grundgedanken des Prinzips Bildgeschichte anhand der Marksteine „Theaterspiel auf Papier“, „Die narrative Bildfolge“ und „Eine eigenständige Kunstform“ weiter – und
schlägt den Bogen Comic-Forschung und Comic-Kritik. Nach Grünewald sollte Comic-Kritik dazu beitragen, den kulturellen Stellenwert der Comics zu bestimmen.
Zahlreich sind überdies Grünewalds Aufsätze und Vorträge zum Thema Comic – sei es zur Theorie (Prinzip Bildgeschichte), zur Comic-Bewusstseinslage der Nation („Schneckentempo – Zum Stand der kulturellen Akzeptanz des Prinzips Bildgeschichte“) oder zu konkreten Einzelanalysen (über Hugo Pratts Corto Maltese, Hergés Tim und Struppi-Jungentraum oder Quinos Mafalda, über Miguelanxo Prados Ardelen, Alberto Breccia oder Bildgeschichten ohne Worte/"Bilder sprechen ohne Worte." Carl Meffert/Clément Moreau).
2010 gab er den wegweisenden Band Struktur und Geschichte der Comics. Beiträge zur Comicforschung im Bachmann Verlag heraus.
Fürs E-Fachmagazin COMICOSKOP schrieb Grünewald 2016 ein lesenswertes, fundiertes Dossier über „Karl May im Comic“ – von Helmut Nickel bis Walter Neugebauer.
1993 erschien zudem der Band „Vom Umgang mit Papiertheater“ – einer weiteren Säulen im Grünewaldschen Forschungsuniversum.
Mit der sehenswerten Comic-Ausstellung im Koblenzer Mittelrhein-Museum „Comic-Kunst. Vom Weberzyklus zum Bewegten Mann. Deutschsprachige Bildgeschichten des 20. Jahrhunderts“ sorgte er 2004 zumindest in Fachkreisen für Aufsehen.
Wie vielfältig sein Forschungsinteresse wirklich ist, belegt auch seine Abhandlung mit einem Rekurs auf die Bildgeschichten-Sprache des Mittelalters unter dem Titel „Sigenot – ein Daumenkino des Mittelalters?“, erschienen „Deutsche Comicforschung Bd. 2 (2006).
Jüngster Coup: Die Entdeckung der korrekten Originale der verschollen geglaubten, wenig bekannten Bildgeschichte Friedrich Schillers "Aventuren des
neuen Telemachs" in US-Archiven (siehe Deutsche Comicforschung 2016). Dieser frühe Schiller-„Comic“ erscheint – neu herausgegeben von Dietrich Grünewald – unter dem Titel AVANTUREN DES NEUEN
TELEMACHS: Eine Bildgeschichte von 1786 in Bälde im Berliner Christian Bachmann Verlag, der in Sachen Comicforschungs-Editionen die inzwischen wichtigste Anlaufstelle im deutschen Sprachbereich
darstellt. Grünewald fand heraus, dass die Originale des raren Schillerschen Ur-Comics in der Beinecke Rare Book & Manuscript Library New Haven lagern, in der dortigen William A. Speck
Collection of Goetheana.
2016 gab Dietrich Grünewald einen sehr lesens- und empfehlenswerten Tagungsband zum Thema „Visuelle Satire. Deutschland im Spiegel
politisch-satirischer Karikaturen und Bildergeschichte“ heraus – und trug zu diesem Wilhelm Busch-Jubiläumskompendium („150 Jahre Max und Moritz“) selbst einen Aufsatz bei, über Entlarvung durch
Verlarvung. Metaphorik der visuellen Satire. Überhaupt treibt ihn seit vielen Jahren nun schon die Bildsatire als spöttisch-kritischer Seismograph des Zeitgeschehens um.
Eins seiner Forschungsvorhaben ist es, die Geschichte und vielfältigen Erscheinungsformen der Bildgeschichten/Comics in der NS-Zeit 1933-1945
aufzuarbeiten. Ziel des Forschungsvorhabens ist - als Baustein einer Geschichte der Deutschen Bildgeschichte - im ersten Schritt Arbeiten deutscher Künstlerinnen und Künstler, die zwischen 1933
und 1945 entstanden sind, ausfindig zu machen, zusammenzustellen und zu systematisieren, die dann im zweiten Schritt untersucht werden hinsichtlich Ästhetik, Erzählstrategie, Inhalten/
Intentionen, Medien - also im gesellschaftlichen, politischen, kulturellen Kontext der Zeit.
Geboren wurde Dietrich Grünewald am 14. Dezember 1947 in Frankenberg/Eder (Hessen).
Er studierte Kunsterziehung/Kunstgeschichte und Germanistik mit Blick aufs Lehramt der Haupt- und Realschule in den Jahren 1969 bis 1972,
promovierte 1976 (seine voluminöse Doktorarbeit ging über die Satire-Zeitschrift „Eulenspiegel“/Roter Pfeffer 1928/1933), 1977 folgte die 2. Lehramtsprüfung, 1978 (bis 1986) begann seine Laufbahn
als wissenschaftlicher Assistent im Fach Kunst an der Universität Dortmund, 1980 folgte seine Habilitation (Kunst und ihre Didaktik), von 1977 an bis 1990 war er auch als Lehrbeauftragter am
Frankfurter Institut für Jugendbuchforschung der Universität Frankfurt a.M. tätig (für den Bereich Comic) in der Zeit des legendären Leiters Klaus Doderer; sechs Jahre später, 1986, wurde er
zunächst apl. Professor an der Universität Dortmund am dortigen Institut für Kunst und ihre Didaktik. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
Von 1995 bis 2013 hatte Grünewald bis zu seiner Emeritierung einen Lehrstuhl für Kunstwissenschaft / Kunstdidaktik an der Universität Koblenz-Landau inne, ist dort derzeit obendrein Dekan des Fachbereichs.
Von 1986 bis 1990 war Dietrich Grünewald auch Bundesvorsitzender des BDK (Bund Deutscher Kunsterzieher), von 1991 und bis 2013 überdies Mitherausgeber der Zeitschrift Kunst + Unterricht. Und er ist bis heute Autor zahlreicher fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Publikationen.
Von 2005 bis 2013 amtierte Dietrich Grünewald acht Jahre lang als 1. Vorsitzender der ComFor (Gesellschaft für Comicforschung), deren Gründung er
2004/05 initiierte. Mehr noch: Er war der Spiritus Rector der ComFor, der die Vereinigung zu dem machte, was sie heute ist: Eine starke Lobby der deutschsprachigen Comicforschung. Als Präsident
der deutschsprachigen Comicforscherinnen und Comicforscher setzte er auch auf diesem Gebiet als Pionier brachliegenden Neulands Maßstäbe und bewies innerhalb der Vereinigung hervorragende
integrative Fähigkeiten. Keine Frage: So kämpferisch er fürs Prinzip Bildgeschichte eintrat, so sehr betätigte er sich nach innen als Brückenbauer. "Versöhnen statt spalten", lautete sein Credo.
Seit seiner Initiative zur Gründung der Gesellschaft für Comicforschung schuf er ein Netzwerk, das inzwischen zu einer maßgeblichen pressure group an den deutschsprachigen Universitäten
avancierte und nicht zuletzt durch alljährliche Herbsttagungen an einer Alma Mater Akzente setzt.
Weniger bekannt als der Forscher, Bildgeschichten-Theoretiker, Buchautor, Professor und ComFor-Vorsitzende ist der Künstler Dietrich Grünewald: So
genoss er eine künstlerische Ausbildung im Kontext des Kunsterzieherstudiums (Malerei, Graphik) und eine Ausbildung im Zeichnen (akademischer Zeichenlehrer war Walter Kroll, Universität Gießen),
der künstlerische Schwerpunkt liegt bei der Serigraphie. Grünewald ist zudem Mitglied im Oberhessischen Künstlerbund seit 22 Jahren, 1985, darüber hinaus war er von 1986-1992 erster Vorsitzender
Mitglied der Produzentengalerie 42, Gießen. Zudem firmiert er als Mitglied der Künstlergruppe Cumulus. Neben OKB-Ausstellungen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligung u.a. in Bonn, Bad
Nauheim, Dortmund, Frankfurt/M., Gießen, Kleinsassen, Köln, Mannheim, Paris, Wetzlar. Sein eigenes künstlerisches Credo umreißt Grünewald so: "Meine Kunst ist eine erzählende Kunst. Meine
Einzelbilder und Bildfolgen bilden eine Einheit aus überlegter Konzeption und prozessualen, intuitiv-spontanen Elementen. Sie verbinden Zeichnerisch-Graphisches mit Malerischem, Farbe mit Linie,
Gegenständliches mit Ungegenständlichem. Das Inhaltliche soll sich nicht nur im Motiv, sondern auch in der Gestaltung, in Form, Farbe, Struktur spiegeln. Oft binde ich Text in das Bildgefüge als
graphisches Element ein. Ich möchte den Betrachter zum genaueren Betrachten, zum Innehalten, Vergleichen, zum Bild-Lesen provozieren. Die Bilder sollen ihn anregen, sich aus dem Angebot eine
Geschichte assoziativ zu entwickeln, wobei das Gezeigte vielfach vom Ab- und Vorstellungsbild zum Sinnbild wird, das sich seiner historischen Einbindung nachvollziehbar bewusst ist."
Wenig bekannt ist auch, dass Dietrich Grünewald selber einmal einen Zeitungscomic veröffentlicht hat: Er selbst nennt das bescheiden eine "kleinen Comicserie", aber die Zeichnungen zeigen, dass da auch ein Bildgeschichten-Macher (nicht nur ein Theorektiker) am Werk ist... Erschienen die "Sachen zum Lachen" resp. "Zirkus" in der Zeit zwischen 1980 bis 1982, unregelmäßig auf der "Bunten Seite" der "Gießener Allgemeinen".
Dass er es schaffte, Gegenstand einer Hamburger Ausstellung über diverse Comic-Akteure zu werden, hat viel mit seiner Fähigkeit zu tun, andere für
die Sache des grafischen Erzählens zu begeistern – und alle dabei mitzunehmen… „Comicleben – Comiclife" hieß die Schau, die Ende 2013 bis Mai 2014 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe und
vorher, 2012, im Berliner Museum der europäischen Kulturen zu sehen war. Die Ausstellung erlaubte einen Einblick in den Alltag von sieben Menschen, deren Leben stark von der Faszination für und
der Ästhetik von den Comics geprägt ist. Der Starzeichner Marko Djurdjevic, die preisgekrönte Graphic Novel Autorin Ulli Lust, der Verleger Dirk Rehm, der Sammler René Köhler, u.a. sowie
der Comicforscher Prof. Dietrich Grünewald - sie alle eint die Leidenschaft für diese Art von Bilderzählung. Das Porträt über den renommierten Comicforscher Prof. Dietrich Grünewald stellte dabei
frühe Formen der Bildgeschichte vor, die Vorbild für den klassischen amerikanischen Comic waren (von Bilderbögen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis Wilhelm Busch).
Auch nach seiner Emeritierung befindet sich der produktive Professor für Bildgeschichte aller Art im Unruhezustand: Zwar bildet seine Familie im Wohnort bei Gießen an der Lahn einen festen, unverrückbaren Ankerpunkt. Das hindert ihn aber nicht, bundesweit Vorträge zu Comic, Cartoon und Karikatur zu halten… und jede Menge Aufsätze und Buchbeiträge zu schreiben.
Überdies sitzt Dietrich Grünewald in etlichen Jurys, darunter denen des renommierten Wilhelm Busch-Preises und des nicht minder vielbeachteten e.o.plauen-Preises - und hilft so, die Kunst des grafischen Erzählens zu fördern.
Sein Konzept des Prinzips Bildgeschichte, sein Ansatz Comics als eigenständige Kunstform zu begreifen und sein immerwährendes Plädoyer für die
Notwendigkeit, den sachgemäßen Umgang mit ihr zu erlernen, sind bleibende große Verdienste Dietrich Grünewalds - im zähen Ringen um die kulturelle Akzeptanz der Bildgeschichte in Deutschland. Am
Ende geht es für ihn darum, dass wir es alle schaffen, vom kritischen auch und gerade einmal zum genießerischen, spielerischen Blick auf den Comic zu kommen.
Die ComFor ist ein Meilenstein seines Lebenswerks: Initiator und Gründer der deutschen Gesellschaft für Comicforschung war 2004/05 Prof.
Dr. Dietrich Grünewald. Erste Gespräche liefen dazu bereits am Rande des Erlanger Comic-Salons vom Frühsommer 2004. Grünewald lud sieben Comicforscher-Kollegen nach Koblenz ein, wo
sich dieses bundesweite Netzwerk der ComicforscherInnen im deutschen Sprachbereich im Februar 2005 gründete. Die "glorreichen Acht" bei der ComFor-Gründung - gewissermaßen die Keimzelle
der ComFor - waren damals: Prof. Dr. Dietrich Grünewald, Dr. Eckart Sackmann (der sich, nach gescheiterten Vorsitz-Ambitionen, eine Zeitlang zum Stellvertreter küren ließ,
ehe er einige Jahre - 2010 - später der ComFor wieder den Rücken kehrte), Ralf Palandt, der heutige COMICOSKOP-Chefredakteur und -Herausgeber Martin Frenzel, Burkhard Ihme, Dr. Bernd
Dolle-Weinkauff, Prof. Dr. Günther Dammann und last but not least Heiner Jahncke. 2020 feiert die ComFor ihr fünfzehnjähriges Bestehen. Von Beginn an gehörten die
inzwischen fest verankerten ComFor-Herbsttagungen zum Aushängeschild der Vereinigung. Jede Tagung findet an einer Universität im deutschen Sprachbereich statt und widmet sich einem bestimmten
Thema.
Die Gesellschaft für Comicforschung (ComFor) avancierte in den letzten Jahren zu der Lobby für die deutschsprachige Comicforschung. Nach der eigentlichen Gründung vom 11. Februar 2005 in Koblenz wandelte sich die ComFor am 11. April 2014 in Frankfurt am Main formell zum eingetragenen Verein.
Dietrich Grünewald, Gründervater der ComFor und deren 1. Gründungsvorsitzender, prägte von 2005 bis 2013 eine acht Jahre währende Ära - und hinterließ große Fußstapfen. Sein Nachfolger ist seither der Freiburger Medienwissenschaftler Prof. Dr. Stephan Packard. Zweck der ComFor ist es, Wissenschaft und Forschung in Sachen Comic im deutschsprachigen Raum in allen Bereichen zu fördern und zu vernetzen. Zudem führt die ComFor regelmäßig wissenschaftlicher Veranstaltungen durch, berät und gibt Publikationen heraus, macht Ergebnisse der Comicforschung publik. Die ComFor ist für jedwede interdisziplinäre und internationale Art von Comicforschung offen.
Die ComFor veranstaltet Wissenschaftstagungen, die jährlich wechselnd an unterschiedlichen Universitäten ausgerichtet werden. Diese Webseite
soll in einem öffentlichen Format Informationen über Calls for Papers, Konferenzen, Publikationen und Neuigkeiten aus unserem Forschungsbereich bieten. Eine Kolumne auf dem
britischen
Comics Forum (comicsforum.org) fasst dies alle zwei Monate für ein internationale Publikum zusammen. Der gesellschaftsinterne ComFor-Newletter
berichtet zudem in Gestalt eines Readers über aktuelle Forschungs-, Lehr- und Ausstellungsprojekte. Die ComFor unterstützt außerdem die Bonner Online-Bibliographie für Comicforschung
(www.comicforschung.uni-bonn.de).
Die ComFor lädt alle, die sich wissenschaftlich mit Comics/ Bildgeschichten befassen, zur Mitarbeit und zum Beitritt ein. Anträge auf
Mitgliedschaft mit kurzer Übersicht über die eigene wissenschaftliche Arbeit zu Comics bitte formlos an den Vorstand. Der ComFor-Mitgliedsbeitrag beträgt € 25,- im Jahr. Das gelungene
ComFor-Logo hat Catherine Michel entworfen.
ISBN 978-3-941030-46-6, € 25,00 (inkl. gesetzl. USt.);
Subskriptionspreis bis 31. Oktober 2017 nur € 15,00 (inkl. gesetzl. USt.).
Interessenten sind gebeten, sich per Mail an bestellen@christian-bachmann.de zu wenden. Weiter zur Bestellseite.
Verlagsankündigung:
„Zum 30. Geburtstag seines Freundes und Gönners Christian Gottfried Körner zeichnet Friedrich Schiller, der skandalöse Dichter der
Räuber, 1786 eine Bild-Humoreske. Zunächst nur als Spaß im Freundeskreis gedacht und später für verschollen gehalten, erscheinen hier erstmals Reproduktionen der unbearbeiteten
Originalzeichnungen im Druck. Gegenübergestellt ist ihnen die Originalhandschrift aus der Feder des Schiller-Freundes Ludwig Ferdinand Huber. Der einfachen Lesbarkeit dient die beigegebene
Transkription. Der Text erscheint hier zudem erstmals parallel in deutscher und englischer Sprache. Erläutert, in ihrem ästhetischen und in ihrem historischen Kontext verortet, wird Schillers
Geschichte, in der Körner nicht nur als Herkules erscheint, sich in Ägypten mutig gefräßigen Krokodilen stellt und gar eingemacht wird, in einem ausführlichen und umfangreich bebilderten Aufsatz
von Dietrich Grünewald.“