Jede Abhandlung über die Geschichte des US-Comics zählt Will Eisner zu den zehn bedeutsamsten und einflussreichsten Zeichnern aller Zeiten. Wo andere Künstler jedoch ‚nur‘ grafisch herausragen (man nehme etwa Steve Ditko, Frank Frazetta, Alex Raymond und Milton Caniff, mit Ausnahme vielleicht von Carl Barks und Hal Foster), da hat Eisner Verdienste vorzuweisen, die meisten seiner Kollegen zu Zwergen schrumpfen lassen. Und zwar die Gründung des größten Comicstudios sowie sein Kampf um die Anerkennung des Mediums als Kunst (Comics = ‚sequential art‘). Ein COMICOSKOP-Feature von unserm Comicoskop-Reporter und US-Korrespondenten Tillmann Courth zum 100. Geburtstag WILL EISNERS: Des Jahrhundertmanns (nicht nur) des US-Comics, dem mit seinem Detektiv-Kult-Klassiker "The Spirit" ein frühes Meisterwerk gelang und der damit ebenso Comic-Geschichte schrieb, wie mit seinem legendären New Yorker Comic-Studio Eisner-Iger, der Talentschmiede zahlreicher späterer Stars aus der Will Eisner-Zeichenschule. Nicht umsonst gilt Will Eisner als Kosmopolit der internationalen Comic-Kultur, der sich zudem mit seinem Spätwerk als bahnbrechender Erneuerer des grafischen Erzählens und genialer Wegbereiter des Graphic Novel-Genres einen Namen machte. Lesen Sie das große WILL EISNER SPEZIAL-Dossier des E-Fachmagazins COMICOSKOP über diesen Träumer im besten Sinne des Worts hier:
Wie sonst niemand seiner Generation hat Will Eisner, dessen 100. Geburtstag wir 2017 weltweit feiern, für Comics geschwärmt und immer geglaubt, dass wir es dabei mit Kunst zu tun haben. Er war ein Visionär, Analytiker und Forscher – der erste, der Comics zu Kunst erklärte! Man muss es noch einmal betonen. Das war seinerzeit unerhört, und wurde auch überhört. Dennoch hat Eisner in den 1940er Jahren seine kreativen Freiheiten genutzt, um in seinen Comics grafische wie narrative Experimente zu transportieren.
In den 1970er Jahren nahm Eisner den Auf- und Umbruch der Szene durch die Underground-Comix zum Anlass, um seine Comics zum Trägermedium erwachsener Stoffe und gesellschaftspolitischer Anliegen zu machen. Drittens hat er in den 1980er Jahren den Comics einen Überbau verschafft, als Dozent und Autor von Schriften zur Theorie der Comics.
Will Eisner stammte aus einer Wiener Familie jüdischen Glaubens: Sein Vater Samuel war Österreicher, seine Mutter stammte aus Rumänien - beide verließen das damalige Österreich-Ungarn, ehe der Erste Weltkrieg über Europa hereinbrach - und wanderten in die USA aus. In New York gestaltete er Bühnenbilder für den Vaudeville und das Jüdische Theater. Die Familie war arm, so arm, dass man sich nicht den Mitgliedsbeitrag für die Synagoge leisten konnte. Sohn Will kam in Brooklyn, New York vor 100 Jahren, am 6. März 1917, zur Welt - dem Jahr, als die USA in den Ersten Weltkrieg eintraten. Er verschlang in seiner Jugend angeblich Pulp-Magazine und avantgardistische Kinofilme (was wir sofort zu glauben bereit sind, denn seine Comics speisen sich genau aus diesen Quellen).
1936 hatte Eisner dem Zeichner Samuel Maxwell „Jerry“ Iger Material für dessen Comicheft WOW, WHAT A MAGAZINE geliefert. Als das mit der vierten Ausgabe pleiteging, schlug der gerade 19jährige Eisner dem dreizehn Jahre älteren Iger die Gründung eines gemeinsamen Zeichenbetriebs vor, um das finanzielle Risiko auf die Verlage abzuwälzen. Eisner füllte die Hefte, und Iger betrieb die Akquise. Eisner finanzierte mit fünfzehn Dollar ein Büro für ein Vierteljahr, und das später so legendäre Eisner-Iger-Studio war geboren. Iger konnte Dschungel- und Abenteuerhefte an Fox und Quality verkaufen, und zwei Jahre später hatte die Firma bereits 15 Angestellte (Letterer, Autoren, Zeichner, darunter Jack Kirby, Lou Fine, Wally Wood, Bob Kane).
Der junge Will Eisner war inzwischen wohlhabend geworden - und konnte es sich 1939 leisten, Iger zu verlassen und sich auf seine Meisterschöpfung THE SPIRIT zu konzentrieren. Der Detektiv-Kultklassiker erschien erstmals am 2. Juni des Jahres 1940 - und letztmalig am 5. Oktober 1952, vor genau 65 Jahren. Ein Zeitungssyndikat war an ihn herangetreten, um die Comicbeilagen in den ‚Sunday Papers‘ heftartiger zu gestalten. Rasch entwarf Eisner die „Spirit-Section“, eine 16-seitige Beilage mit dem Aufmacher THE SPIRIT und den Begleitfeatures MR. MYSTIC und LADY LUCK, an denen er sich die Rechte zusichern ließ. Auch das ein Ausweis für die unternehmerischen Qualitäten Eisners.
Vom Juni 1940 an übernahmen zwanzig US-Zeitungen Eisners Beilage, mit Gesamtauflagen von bis zu fünf Millionen Exemplaren. Den verlangten mystischen Superhelden konnte Eisner zum tot geglaubten maskierten Detektiv Denny Colt umwandeln und dank seiner filmischen Erzählweise und dem Film Noir-Look zum Erfolg führen.
Allerdings musste Will Eisner seine Schöpfung knapp zwei Jahre später schon aus den Händen geben (und von Gast- und Ghost-Künstlern wie Manly Wade Wellman und Lou Fine fortsetzen lassen), da Eisner im Frühjahr 1942 - ein Jahr nach Kriegseintritt der USA gegen Nazi-Deutschland - zum Militär einberufen wurde. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 kehrte Eisner ins zivile Leben zurück und führte seinen SPIRIT zu atemberaubender Blüte, ehe er um 1950 die Lust verlor (und die Serie mit Gastbeiträgen bis 1952 ausplätscherte).
Von 1951 bis Mitte der 1970er-Jahre produzierte Eisner Sach- und Instruktionscomics für die US Army (wie er es in seinen Kriegsjahren mit der Soldatenfigur Joe Dope bei der Zeitschrift ARMY MOTORS getan hatte, nun unter dem Titel P.S. THE PREVENTIVE MAINTENANCE MONTHLY).
Eine dreiste SPIRIT-Kopie namens MIDNIGHT (übrigens erschaffen von Eisners wohl originellstem "Spirit"-Assistenz-Zeichner Jack Cole) lief über 70 Hefte lang in den SMASH COMICS vom Quality-Verlag von 1941-49. Es ist nicht bekannt, dass Eisner sich darüber beschwert hätte.
Das Ungewöhnliche an Eisners SPIRIT waren der unterschwellige Humor sowie die kauzigen Nebenfiguren (beeinflusst durch Chester Goulds DICK TRACY) und zahlreichen Femmes fatales, die die Serie zur Folie von Comedy wie auch Abenteuer machten. Darüber hinaus wagte Eisner erzählerische und grafische Experimente.
Kaum erwähnen muss man die kreativen Splash-Pages, die die Buchstaben S-P-I-R-I-T zu den Gebäuden einer Stadtlandschaft formieren oder als papierne Ausrissfiguren eine Gosse entlang segeln lassen. Eisner komponierte diese sorgfältig, passend zur Stimmung oder Handlung der folgenden Geschichte – und auch, um seine Leser neugierig zu machen und zum Weiterlesen zu animieren.
Panel-Leiste unten: © Will Eisner Studios, Inc.
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Viel interessanter ist die Fokussierung der Handlung auf Nebenfiguren oder ganz normale Menschen, die im Lauf der siebenseitigen Story irgendwie den Weg des Spirits kreuzen: Ein Büroangestellter entdeckt, dass er fliegen kann (aber stirbt am Ende im Schusswechsel des Spirits mit einigen Gangstern) – oder die Echtzeiterzählung „10 Minutes“ über die letzten zehn Minuten im Leben eines kleinen Ganoven auf der Flucht (der nicht mehr vom Spirit gerettet werden kann).
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Selbst den großen NS-Dikator und Tyrannen Adolf Hitler baut Eisner in eine Geschichte vom Sommer 1941 ein: Der „Führer“ besucht New York, um für den
Faschismus zu werben, wird jedoch von jedermann verachtet und verprügelt. Der Spirit rettet ihn vor dem Mob, macht ihm seine falsche Weltsicht klar und schickt ihn zurück nach Deutschland. Dort
will Hitler den Krieg beenden, doch seine Camarilla bringt ihn um und ersetzt ihn durch einen Doppelgänger.
Auch die Meta-Ebene betrat Eisner im SPIRIT schon früh, so in der „Self Portrait“-Geschichte vom Mai 1942, in der der Zeichner Eisner selbst mitspielt – und ein Gangster seine Seiten zeichnet! Dessen Artwork kommt dann beim Verleger sogar besser an („Ihre Zeichnungen diesmal … Junge, Junge … Sie machen sich! Ich ahnte ja nicht, wie talentiert Sie sind.“).
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Die SPIRIT-Beilage war ein solcher Erfolg, dass schon im Oktober 1941 parallel ein Strip gestartet wurde (welcher im März 1944 wieder auslief). Anlässlich dessen Premiere gab Eisner der Zeitung PHILADELPHIA RECORD ein Interview, in dem er erklärte, dass Comics eigentlich bebilderte Romane seien („illustrated novels“), noch in der Entwicklung begriffen, jedoch Potenzial für intelligente Unterhaltung besäßen und einst ein seriöses Medium für die besten Autoren und Zeichner darstellen würden. Das war seiner Zeit gewiss unheimlich voraus und ist im Rückblick als prophetisch zu bezeichnen.
Fatalerweise erwies sich die Blütezeit des SPIRIT (1947-50) ebenso als das Erwachen der von Amerika ausgehenden Anti-Comics-Bewegung. Dr. Frederic Wertham und Konsorten trommelten immer lauter gegen die angeblich jugendverderbenden Sprechblasenheftchen. Eisner wehrte sich mit Ironie (eine Geschichte vom Juli 1947 heißt „Fairy Tales for Juvenile Delinquents“) und Thematisierung (im Februar 1949 taucht ein bücherverbrennender (!) „Dr. Wolfgang Worry“ auf), aber sein Stolz und seine Vision sind angekratzt.
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Auch krempelt sich sein Privatleben tüchtig um: 1950 heiratet er Ann Weingarten (mit der er fast fünfzig Jahre zusammenleben wird), 1952 wird sein
Sohn John geboren; seine Mitarbeiter Jules Feiffer, Wally Wood und andere schleppen den SPIRIT noch bis in den Herbst, dann ist Schluss. Eisner gründet seine Firma
„American Visuals“ und arbeitet fortan für die Regierung. In seinen Worten: „Ich wollte lieber Unternehmer als Künstler sein.“
Will Eisner begriff Comics als perfektes Lehrmittel, um Information grafisch (und mit einem Schuss visuellen Humors) zu transportieren. Sein Armee-Magazin PS begleitete die G.I.s durch den Korea-Krieg und den Vietnam-Konflikt, was manche seiner Freunde und Künstlerkollegen die Nase rümpfen ließ. Eisner jedoch warf sich immer hundertprozentig in seine Arbeit, und wenn es darum ging, Waffentechnik zu erklären, war es sein Anliegen, diese Waffentechnik so verständlich wie möglich zu erklären.
Nach 227 Ausgaben war Eisner allerdings erschöpft von allem Militärischen, das Heft ging über in die Hände des ehemaligen Assistenten und Zeichenschulbetreibers Joe Kubert, der PS weitere zwei Jahrzehnte verantwortete. 1972 verlegt sich Eisner auf die passend benamste Kleinfirma „Poorhouse Press“ und widmet sich Sachcomics über den Arbeitsplatz (JOB SCENE) sowie Kuriosa wie das Herausgeben von Tennis-Kalendern (sowie das SPIRIT-Ausmalbuch von 1974).
Mitte der 1960er Jahre begannen Comics, cool zu sein und als Pop-Art verstanden zu werden, dank der neuen Marvel-Helden, Adam Wests Fernseh-Batman und ersten intimen Comic Conventions, zu denen auch Eisner geladen wurde. Die Szene hatte diesen Pionier nie vergessen, sondern entdeckte ihn nun wieder. Jules Feiffer und Jim Steranko präsentierten ihn groß in ihren Büchern über Comics, erste Nachdrucke des SPIRIT kursierten (je zwei Ausgaben von Harvey und von Kitchen Sink 1966 bzw. 1973, dann 16 Ausgaben von Warren 1974-76).
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Denis Kitchen erzählt die Geschichte, wie die jungen, wilden Underground-Zeichner den distinguierten Will Eisner (immer im Anzug!) Anfang der 1970er Jahre auf einer der ersten Conventions mit ihren selbstverlegten Comix konfrontieren: Der holt tief Luft, ist dann aber zu höflich, um die dargestellten sexuellen Perversionen zu kommentieren – und verzieht nur eine Augenbraue. Natürlich ist er dann noch aufgetaut und warm geworden mit der jungen Garde (schließlich war ja eine Handvoll Könner dabei).
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1977 besiegelten Eisner und Kitchen ihre gewachsene Freundschaft mit dem Beginn der langlebigen Reihe von schwarz-weißen SPIRIT-Nachdrucken, für die Eisner neue farbige Wraparound-Cover gestaltete.
Zeitgleich startete HEAVY METAL nach dem Vorbild des französischen Trendsetter-Journals "METAL HURLANT" um Moebius & Co. und rückte der amerikanischen Szene eine andere Wertigkeit von Comics und europäische Erzählweisen ins Bewusstsein. Eine Reihe von Album-Projekten sah das Licht der Druckerpresse, doch wieder einmal war es Eisner, der den Zeitgeist am Wickel packte und 1978 seine selbsterklärte „Graphic Novel“ A CONTRACT WITH GOD in einer schmalen Auflage von 1.500 Exemplaren über Comicläden vertrieb.
Der VERTRAG ist ein Anekdotenbuch mit vier Geschichten, seine ‚Romanhaftigkeit‘ ist somit strittig (gilt übrigens auch für HARVEY KURTZMAN’S JUNGLE BOOK von 1959, das auch gerne als Vorläufer bzw. Prototyp der Graphic Novel genannt wird).
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Das Werk war ein kommerzieller Flop, doch es beeinflusste und inspirierte (nicht nur) die Comiclandschaft der USA. Die Kraft seiner Geschichten lag in ihrem Sujet. Keine Superhelden, Detektive oder Fantasykrieger bevölkerten die Seiten von EIN VERTRAG MIT GOTT, sondern ‚kleine Leute‘ aus der Bronx, die mit dem Leben hadern. Ach was, die vom Leben fertiggemacht werden! Glaubenskrisen, Verzweiflung, Tod, Armut, Prostitution, Verbrechen – solcher Stoff war in dieser Ernsthaftigkeit noch nie als Comic aufbereitet worden.
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Trotz der Verkaufsschwierigkeiten fühlte sich Eisner ermuntert und bestärkt darin, weitere Themen anzugehen. Allerdings veröffentlichte er seine nächste Geschichte (LIFE ON ANOTHER PLANET bzw. SIGNAL FROM SPACE) in Einzelkapiteln auf den hinteren Seiten der erfolgreichen SPIRIT MAGAZINE-Nachdruckreihe von Kitchen Sink (ab 1983).
Zudem richtete Denis Kitchen seinem Starzeichner ein Schaufenster namens WILL EISNER’S QUARTERLY ein, das A LIFE FORCE und weitere Projekte druckte. Besondere Erwähnung verdient THE DREAMER von 1986, Eisners Comic-Autobiografie und Schlüsselroman über seine Anfänge in der Comicindustrie der 1940er Jahre (auch das eine Pionierleistung).
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1987 war das Jahr, in dem Comics endlich als ernstzunehmende Kunstform ins öffentliche Bewusstsein rückten: Die Sammelausgaben von Frank Millers
THE DARK KNIGHT RETURNS, Alan Moores und Dave Gibbons' WATCHMEN und Art Spiegelmans MAUS (Pulitzer-Preis!) setzten Meilensteine, die ohne Will Eisners Vorarbeit kaum möglich
gewesen wären (Frank Miller und Alan Moore haben ihrer Bewunderung für dessen grafisch-literarische Experimente Ausdruck verliehen).
Panel-Leiste unten: © Will Eisner Studios, Inc. und Warren Publications
Will Eisner war zudem (ab 1973) als Lehrkraft an der New Yorker School of Visual Arts tätig und veröffentlichte das erste Theoriebuch zu Comics überhaupt: „Comics & Sequential Art“ (1985, Neuauflage 1990) sowie den Folgeband „Graphic Storytelling & Visual Narrative“ (1996). Scott McCloud diskutierte endlose Stunden mit Eisner und widmete ihm 1993 sein Standardwerk „Comics richtig lesen“: „Eisners Buch war das erste, das die Kunstform der Comics untersucht hat. Hier kommt das zweite. Ohne dich hätte ich es nie geschafft, Will.“
Der Autor dieses COMICOSKOP-Features will hier das Fass gar nicht aufmachen, ob Eisner den Begriff ‚graphic novel‘ erfunden hat oder nicht – fest steht: Will Eisner hat ihn benutzt (wie andere zeitgleich mit ihm). Er jedoch hat eine Menge davon produziert: „Ein Vertrag mit Gott“ (1978), „Signale aus einer anderen Welt“ (1983), „The Dreamer“ und „New York und andere Großstadtgeschichten“ (1986), „Lifeforce“ (1988), „The Building“ (1990), „Zum Herzen des Sturms“ (1992), „Unsichtbare Menschen“ (1993), „Dropsie Avenue“ (1995), „Moby Dick“ (1998), dann noch sechs weitere, die in Deutschland offenbar nicht erschienen sind - und schließlich „Ich bin Fagin“ (2003) und „Das Komplott. Die wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion“ (2005). Durchgehendes Motiv in vielen Werken, auch den beiden letzten, ist die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus und Rassismus, die Eisner vor allem in seiner Jugend erleben musste.
Panel-Leiste unten: © Will Eisner Studios, Inc.
Der Verfasser dieser Zeilen behauptet frech: Moderner als THE SPIRIT ist Comic ohnehin nicht mehr geworden! Eisner war schon immer ein Comicaktivist, der die Möglichkeiten seiner Kunst auslotete. Kein Wunder, dass er in der späteren Phase seines Schaffens mit dem Experimentieren nicht aufhörte.
Panel unten: © Will Eisner Studios, Inc.
Will Eisner gab sein Herzblut für diese sequenziellen Bildgeschichten, sein Zeichentisch war sein Labor. Er hat die Tretmühle der Heftchenproduktion verlassen, um bewusst zu erproben, wie künstlerisch Comics sein konnten. Glücklicherweise hatte er die Freiheit dazu (und die Vision, nicht für Kinder, sondern für Erwachsene zu schreiben und zu zeichnen).
Noch ein paar COMICOSKOP-„Blitzlichter“ zum Schluss:
Will Eisner starb 2005 an den Folgen einer Bypass-Operation im Alter von 87 Jahren.
Der Krebstod seiner Tochter Alice hat ihn seinerzeit zu „Ein Vertrag mit Gott“ inspiriert.
Seit 1988 werden in den USA die nach ihm benannten Eisner-Awards verliehen (sozusagen die US-amerikanischen Comic-Oscars).
Eisner erlebte noch (und gestaltete den Look) des „Spirit“-Komplettnachdrucks in den SPIRIT ARCHIVES (von 2000 an bei DC).
Und der Kumpel des hier schreibenden COMICOSKOP-Redakteurs, Wilhelm, der sich Will [sic!] nennt, hat bei einem Festival-Abendessen mal neben Eisner
gesessen. So! TIC
Online finden Sie aktuelle Informationen auf der weiterhin gepflegten Webseite „willeisner.com“ – so ein Aufruf zur Teilnahme an der „Will Eisner Week“ im März 2017, gerichtet an amerikanische Schulen, Universitäten, Museen und Bibliotheken – zur Förderung der Comickultur sowie dem Recht auf freie Rede.
Unser COMICOSKOP-Redakteur und ausgewiesener US History-Kenner Tillmann Courth ist (Beichte!) immer noch so geflasht von Will Eisners besten SPIRIT-Storys, dass er mit den lockerer und heller gezeichneten Graphic Novels nie so recht was anfangen konnte. Er ist rettungslos diesem Film-Noir-Look verfallen, den auch manche seiner geliebten Horrorcomics der frühen 1950er Jahre hatten …