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Comicoskop Ausgaben Januar 2016 - Dezember 2016 / 4. Jahrgang / Gegründet im April 2014 / Online seit Dezember 2014

Mai 2016: Erlangen braucht ein Deutsches Comic-Museum!

Der Comicoskop-Kommentar:

Quo Vadis, Erlangen? Warum Erlangen endlich bis 2022 ein Deutsches Comic-Museum braucht

...und umgehend aus seinem  Dornröschenschlaf erwachen sollte

Von COMICOSKOP-Herausgeber & -Chefredakteur

Martin Frenzel

(c) Moebius-Jean Giraud-Festivalplakat Le Temps des Livres

Comic-Standort Erlangen: Noch ist die Hugenotten- und Universitätsmetropole Deutschlands Comic-Mekka Nr.1, aber Berlin lauert schon... / Foto: (c) Internat. Comic-Salon Erlangen

Foto: (c) Internationaler Comic-Salon

Seit 32 Jahren gibt es ihn nun schon, den Internationalen Comic-Salon in der fränkischen Hugenotten-, Universitäts- und Kulturstadt Erlangen: Nach wie vor gilt dieses Festival als das mit Abstand wichtigste Comic-Ereignis des Jahres im deutschsprachigen Raum.

Aber dieser Status währt nicht ewig, wenn man keine strategischen Weichenstellungen vornimmt. Erlangen ist -um mit Enki Bilal zu reden - keine Messe der Unsterblichen. Merke: Die Festivalkonkurrenz schläft nicht. Egal, ob Berlin, München oder Hamburg, es gibt genügend Hinweise dafür, dass

 

Martin Frenzel, COMICOSKOP-Gründer, -Herausgeber & -Chefredakteur

 

etliche Mitspieler perspektisch am  angestammten der bundesdeutschen Festival-Nummer Eins im Fränkischen rütteln könnten (und werden).

Berliner Pläne, ein Deutsches Comic-Museum in der Hauptstadt zu etablieren, sind, objektiv gesehen, eine Kampfansage an Erlangen, sind der Versuch, die Karten der Comic-Rangordnung in deutschen Landen neu zu mischen.

Auch München zieht immer mit Erlangen gleich, hat sich mächtig gemausert.

An den Versuch in Hamburg, Erlangens Platz im deutschen Comic-Olymp zu erheischen, erinnern wir uns noch gut.

Auf Dauer reicht der zweijährliche Turnus eines Comic-Festivals nicht: Erlangen braucht ein Deutsches Comic-Museum, um dauerhaft die Nummer Eins in Deutschland zu bleiben / Foto: (c) Internationaler Comic-Salon

Erlangen ist keine "Messe der Unsterblichen"

Doch wie könnte eine langfristige, klug angelegte Strategie der notwendigen kulturellen Standortsicherung für Erlangen, die gesamte Metropolregion Erlangen-Nürnberg-Fürth aussehen?

Da lohnt ein Blick über den nationalen Tellerrand: Angoulême, Europas definitive Nummer Eins unter den europäischen Comic-Festivals, erlebte - ähnlich wie Erlangen jetzt - was es bedeutet, wenn plötzlich eine andere Stadt den Festival-Fehdehandschuh wirft.

Zweimal forderte die Alpenmetropole Grenoble die Aquitanien-Zitadellenstadt an der Charente heraus. Hinter dem Projekt Grenoble, das der Autor dieser Zeilen selbst hautnah erlebte, standen bekannte Comic-Größen wie der französische Startexter Greg ("Andy Morgan", "Comanche", "Achille Talon", dt. "Albert Enzian"). 

Davon redet heute in Angoulême niemand mehr: Der Konkurrenz in Grenoble ging - Gottseidank, wenn man es aus Sicht des Festivals zu Angoulême sieht -  die Puste aus.

Was wesentlich dazu beitrag, war eine strategische Weichenstellung mit Weitblick: Die Kulturverantwortlichen schlugen Pflöcke ein, die nur schwer wieder herausreißen zu sein dürften. Es begann mit der Eröffnung des C.N.B.D.I., des Centre National de la Bande de Dessinée et de l'Image (des Nationalen Zentrums für Comic-Kultur und Illustration/Bild) in Angoulême.

Kulturpolitiker mit strategischem Weitblick: Der langjährige französische Kulturminister in der Ära Mitterands, Jack Lang, zugleich Bürgermeister der Comic-Stadt Blois an der Loire / Foto: (c) Guillaume Paumier

Einer vom französischen Star-Architekten Roland Castro im Auftrag des strategisch denkenden Kulturministers Jack Lang umgebauten ehemaligen Bierbrauerei - gelegen am zitadellenartig sich hochschlängelnden Berghang der Stadt an der Charente, in Südwestfrankreich, nicht weit von Bordeaux und nahe der Atlantikküste. Inzwischen hat sich das C.N.B.D.I. sogar zur Comic-Stadtlandschaft (der sog. Cité) gemausert - mit einem ganzen komplex rund ums ganze Jahr geöffneter Comic-Museen und Multimedia-, Forschungs- und Ausbildungsinstitutionen. Jack Langs Credo war und ist vorbildlich: Dezentralisierte Kulturpolitik von unten tut not - weg vom Pariser Kulturzentralismus, Lob der "Provinz", Stärkung der kulturellen Förderung auch und gerade in den Regionen. Lang, der auch Bürgermeister der Comic-Stadt Blois an der Loire ist, hatte sich etwas dabei gedacht: Es ging von Beginn an darum, die Pariser Allgewalt und Über-Dominanz einzudämmen. Motto: Auch in den Regionen gibt es fantastische Kulturangebote.Das C.NB.D.I. heißt jetzt Vaisseau de Moebius... das Ex-C.N.B.D.I. verbindet eine Holzbrücke über die Fluten der Charente mit dem groß angelegten, geräumigen Komplex des Cité-Comicmuseums vis-à-vis auf der gegenüberliegenden Seite. Am Brückenkopf steht, beide Seiten symbolisch miteinander verbindend, Hugo Pratts freiheitsliebender Comic-Held Corto Maltese in Gestalt einer formschönen Statue...

Absage an Pariser Dominanz und Vorbild für dezentrale Kulturpolitik in Angoulême: Von Angoulême lernen, heißt für Erlangen siegen lernen...

Das imposante C.N.B.D.I. (seit einiger Zeit in Vaiseau de Moebius umgetauft): Nationales Zentrum für Comic-Kultur und Illustration  in Frankreich, mit Sitz in der Festivalstadt Angoulême / Foto: (c) FIBD Angoulême

Comic-Museums-Landschaft der besonderen Art: Die sogenannte Citè von Angoulême (gegenüber vom alten C.N.B.D.I.): Dauerhafter Comic-Standort.

Brückenbauer Corto Maltese: Hugo Pratts Comic-Held verbindet, stolz auf der Brücke stehend, das C.N.B.D.I. mit der Comic-Museums-Cité in Angoulême... / Foto: FIBD Angoulême

Erlangen wird nur dann auf Dauer die Nummer Eins bleiben (und damit langfristig das eigene Überleben sichern), wenn seine Kulturpolitiker ähnlichen Weitblick beweisen: Erlangen braucht - nach Vorbild Angoulême - ein deutsches Musem für Comic-Kultur.

Aus dem nur zweijährigen Turnus des Comic-Museums auf Zeit (durch die hervorragende Comic-Biennale des Erlanger Salons) würde schlagartig eine dauerhafte, unverückbare Grund feste Comic-Institution. Ein deutsches Comic-Museum für Erlangen wäre (noch) ein Unikum. Wenn, ja, wenn die Erlanger rasch aus ihrem jahrelangen Dornröschenschlaf erwacht.

 

Mark Twain: "Eine Idee gilt solange als verrückt, bis sie sich durchgesetzt hat."

In einem solchen Museum könnte eine feste Dauerausstellung zur Deutschen Comic-Geschichte von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert - von Ahnvater Wilhelm Busch und der deutschen Bildtradition des "Simplicissimus" über e.o.plauens "Vater und Sohn" bis  zur Generation  Reinhard Kleist, Isabel Kreitz, Ulli Lust und Barbara Yelin, Flix, Mawil und Birgit Weyhe - ihren Platz finden. Daneben sollte Raum sein für deutsche und auch internationale Wechsel-und spezielle Themenausstellungen. Werkausstellungen / Nahaufnahmen einzelner deutscher Comic-Künstlerinnen und Comic-Künstler inklusive...

Und es könnte ein Archiv, eine multimediale Comic-Bibliothek, ja, sogar eine Erlanger Comic-Akademie daran angedockt werden. In Kooperation mit der Erlanger Universität könnte ein Lehrstuhl für deutsche Comicforschung dort seinen Platz finden.

Sponsoren könnte diesen Plan finanzieren helfen - von der Datev bis zu Siemens, von Bundes-, Landes- bis zu EU-Mitteln. Das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach hat es vorgemacht. Die Erlanger sollte nicht warten, bis Berlin sein Comic-Museum wahrmacht. Dann würde aus der Jahrhundertchance ganz schnell ein Jahrhundertfiasko. Von Mark Twain stammt der kluge Satz:"Eine Idee gilt solange als verrückt, bis sie sich durchgesetzt hat."

Offizielles neues Festivallogo des Internationalen Comic-Salons Erlangen: Erstmals mit dem neuen Hauptsponsor Datev / (c) Internationaler Comic-Salon Erlangen

Wider den Berliner Zentralismus: Das Deutsche Comic-Museum 2022 gehört nach Erlangen!

Ein solches Deutsches Comic-Museum gibt es in dieser Breite noch nirgendwo. Weder das Hannoveraner Wilhelm Busch-Museum noch das Caricatura-Museum für Komische Kunst in Frankfurt am Main, geschweige denn das Erika Fuchs-Haus in Schwarzenbach an der Saale sind von der Konzeption her Einrichtungen, die diese umfassende Rolle übernehmen könnten.

Doch Berlin steht in den Startlöchern, schart schon kräftig mit den Hufen... AUFWACHEN, ERLANGEN, aufwachen, ehe es ZU SPÄT ist!

 

Oberbürgermeister Dr. Florian Janik (SPD, rechts im Bild) und Vorstandsvorsitzender der DATEV, Dr. Robert Mayr (links im Bild) bei der Präsentation des gemeinsamen neuen Logos und des neuen Hauptsponsors ... / Foto: (c) Internationaler Comic-Salon

Foto: (c) Internationaler Comic-Salon

Barbara Yelins Zeichnungen zur Datev-Pressekonferenz des Erlanger Comic-Salons: Die Präsentation des neuen Hauptsponsors in schnellen Skizzen festgehalten...

In diesem Sinne sollte das strategische Zukunftsprojekt Deutsches Comic-Museum für Erlangen nicht länger auf die lange Bank geschoben werden.

Erlangen hat eine Chance, aber das setzt voraus, sie zeitnah im Wege eines kurz-, mittel- und langfristig angelegten Stufenplans in die Tat umzusetzen.

Die Gründung eines lokalen und bundesweit vernetzten Fördervereins Deutsches Comic-Museum für Erlangen e.V. mit prominenten Fürsprechern aus der bundesdeutschen Comic-Szene (und darüber hinaus) und lokalen Honoratioren der Erlanger Stadtgesellschaft könnte dabei helfen.

MERKE: Von Angoulême lernen, heißt für Erlangen am Ende des Tages siegen lernen.

Noch ist ein schöner, tollkühn klingender Traum: Aber wie wäre die Vorstellung, dass der Erlanger Oberbürgermeister Dr. Florian Janik 2022 zum 20. Comic-Salon zugleich das erste Deutsche Comic-Museum eröffnete? (Janik wäre dann übrigens 42 Jahre alt.)

ERLANGEN braucht ein Deutsches Comic-Museum, das Deutsche Comic-Museum braucht Erlangen: Es wäre eine kultur- und standortpolitische Win-Win-Situation für BEIDE Seiten. Mehr noch: Eine Zukunftsinvestition in den Comic-Standort Erlangen - mit Augenmaß, Weitblick und  Sinn für strategisches Denken. Ein solches Projekt sollte Chefsache sein: Oberbürgermeister Dr. Florian Janik, bitte übernehmen Sie! Die Zukunft hat schon begonnen...

Martin Frenzel

 

 

PS: Angoulême hat seinen Corto Maltese, warum nicht eine Doppel-Statue mit Erich Ohsers / e.o.plauens "Vater und Sohn" direkt vorm Eingang des Deutsches Comic-Museums in Erlangen?  

Allererstes Festivalplakat des Erlanger Comic-Salons 1984 aus der Feder des Österreichers Chris Scheuer / (c) Internat. Comic-Salon Erlangen

Gelungenes Festivalplakat des Erlanger Comic-Salons Erlangen 2016, 32 Jahre später: Mit des Flamen Ben Gijsemans  nicht minder schöner Bildgestaltung... / (c) Internat. Comic-Salon Erlangen

Die Zauberfee schwebt über der Erlanger Hugenottenkirche - Für 2022 geplantes Buchprojekt über die GESCHICHTE des Erlanger Comic-Salons von COMICOSKOP-Gründer und -Herausgeber Martin Frenzel / (c) Edition COMICOSKOP und Martin Frenzel 2014-2022 / Covergestaltung: Ingo Milton

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